Das Gesetz über den Stabilierungs- und Restrukturierungsrahmen ist zum 1.1.21 in Kraft getreten. Darin wird der EU-weite präventive Restrukturierungsrahmen, bzw. das vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren, ab dem Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit beschrieben.
Die Rahmenbedingungen sind wie sie sind! Die Verlängerung des Covid-19-Lockdown erhöht die Dringlichkeit der Veränderung der Geschäftsmodelle in allen Branchen. Die aktuellen „Pandemie-Gewinner“ hatten zumeist schon vor dem Lockdown ihre „digitalen Hausaufgaben“ gemacht und konnten schnell und fleixibel reagieren und so ihr Überleben sichern. In einer Rezession zeigt sich Management-Exzellenz. In den letzten Monaten ist auch dem Letzten klar geworden, dass ein hoher Digitalisierungsgrad, gekoppelt mit einem agilen Mindset, die Grundvoraussetzungen für die „Zukunftsfähigkeit von Unternehmen“ und Institutionen sind. Die jahrelang verpassten Chancen der Digitalsierung wurden in den letzten Monaten insbesondere auch im öffentlichen Bildungssektor sichtbar. Das ehemals theoretisch diskutierte Risiko der „NICHT-Digitalisierung“ ist auf einmal greifbar, messbar und erlebbar.
Die derzeitige Krise spiegelt sich zuerst in der angespannten Liquidität wider; gleichwohl liegen die Ursachen tiefer, zumeist im überholten Geschäftsmodell und in tradierten Managementmethoden: Wir befinden uns mitten in der größten Wirtschaftskrise der letzten 100 Jahre. Die aktuelle Rezession hat erst vor ca einem Jahr begonnen; aus der Geschichte kann man lernen, dass Rezessionen zumeist 36 Monate andauern.
Das seit dem 1.1.21 gültige Gesetz enthält Regelungen, die a.) den präventiven Restrukturierungsrahmen regeln und b.) gleichzeitig das bestehende Sanierungs- und Insolvenzrecht auf Basis des ESUG (Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) erweitern. Dieser präventive Restrukturierungsrahmen wird als „Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen″ bezeichnet und ist im Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz – StaRUG) verankert.
Wenn du dein Unternehmen nicht antreibst, wird der Markt dich und dein Unternehmen austreiben. – Bertie Charles Forbes, Verlagsgründer
Wird bei dem Unternehmen c.) Zahlungsunfähigkeit erwartet d.) gleichzeitig eine Fortführungsfähigkeit auf Basis eines Gutachtens testiert und es e.) gleichzeitig wettbewerbsfähig ist, wird dem Management des Unternehmens ein vier bis max. 12 Monate andauernde Phase eines Moratorium zu Teil. In der Phase des Moratoriums besteht für die Gläubiger eine Verbot der Einzelzwangsvollstreckung.
Das Kernelement des präventiven Restrukturierungsrahmens ist der Restrukturierungsplan (§§ 5 ff. StaRUG), der die Sanierungsfähigkeit auf Basis der Fortführungs- und Wettbewerbsfähigkeit beschreibt. Aus unserer Praxiserfahrung wissen wir, dass ein solcher Plan mit allen Rechtsfolgen nur valide aufgestellt werden kann, wenn die zugrundeliegenden Geschäftsmodelle und der digitale Reifegrad als Ausgangslage der zahlungsfähigen Unternehmung analysiert werden.
Der präventive Restrukturierungsrahmen basiert auf einem Konzept zur detaillierten Beschreibung der Fortführungsfähigkeit und der Wettbewerbsfähigkei.
Auf der Basis kann unter Berücksichtigung der sich verändernden Marktbedingungen und um das Wissen der neuen Geschäftsmodelle, die durch die digitale Transformation möglich werden, ein Plan zur Rendite- und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens aufgestellt werden. Ziel ist die dauerhafte Zukunftsfähigkeit auf Basis veränderter Rahmenbedingungen! Diese werden auch aus den Maßnahmen zur Sicherung der Fortführungsprognose nach § 252 Abs. 1 Ziff. 2 HGB (Going Concern) abgeleitet. Dabei sind folgende Aspekte zu beachten:
Analog einer Inspektion bei einem PKW können bestehende Geschäftsmodelle anhand einer Checkliste überprüft und Optimierungspotentiale herausgearbeitet werden. Aus der Erfahrung müssen in einer ersten Stufe (Grobfilter) folgende Erfolgsfaktoren überprüft und überarbeitet werden:
In den nächsten Stufen wird die Granularität immer feiner. Am Ende dieses Überprüfungs- und Entwicklungsprozesses wird ein neues Geschäftsmodell erstellt, welches folgende Antworten im Detail liefert:
Die in der Vergangenheit häufig beschriebene „lineare Verlängerung“ der alten Geschäftsmodelle ist eine Sackgasse, auf der sich kein tragfähiges Zukunftskonzept aufbauen lässt. In der aktuellen Praxis hat sich folgende stufige Vorgehensweise bewährt:
Über diesen Restrukturierungsplan müssen alle Planbetroffenen abstimmen. Planbetroffene sind die Inhaber sogenannter Restrukturierungsforderungen. Dafür werden die Planbetroffenen in Gruppen eingeteilt. Das Stimmrecht der einzelnen Planbetroffenen ist abhängig vom Betrag ihrer jeweiligen Restrukturierungsforderungen (§ 24 Abs. 1 StaRUG). Eine Annahme eines Restrukturierungsplans ist gemäß § 25 Abs. 1 StaRUG dann erfolgt, wenn jede einzelne Gruppe (mit ihren einzelnen Gruppenmitgliedern mit jeweils mindestens 75 Prozent ) zustimmt.