Ein auf eine lebenswerte Zukunft ausgerichteter Purpose zahlt sich definitiv aus. Wer dem Wohl des Planeten dient, die Lebensqualität der Menschen verbessert und die Welt zu einem besseren Ort macht, den unterstützen wir gern. Solche Anbieter sind in der Lage, die besten Mitarbeitenden und die besten Kunden für sich zu gewinnen und eine mitteilungsfreudige Gefolgschaft von Anhängern um sich zu scharen.
Die Salesforce-Studie „State of the Connected Customer“, an der rund 13.000 Verbraucher:innen und 4.000 Geschäftskund:innen in 29 Ländern auf sechs Kontinenten teilnahmen, fand heraus: 85 Prozent der Befragten werden bei ihren Kaufentscheidungen davon beeinflusst, wie Unternehmen ihr Personal behandeln. Mehr als drei Viertel achten auf Umweltthemen wie den Schutz natürlicher Ressourcen und das Erreichen von Null-Emissionen.
Dies zeigt einmal mehr: Anbieter, die sich nicht nur ums Tagesgeschäft, sondern auch um die großen Probleme der Menschheit kümmern, erzeugen Kundeninteresse, Arbeitgeberattraktivität, Finanzmittelfluss und Medienrelevanz. Zudem wirkt eine nachhaltige Unternehmensausrichtung risikoreduzierend und macht Geschäftsmodelle stabiler. Dies wiederum erzeugt qualitatives Wachstum und macht Wettbewerbsvorsprünge sehr wahrscheinlich.
Manche halten Purpose nur für ein Buzzword, das wieder verschwindet. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. In einer Arbeitswelt, in der wir immer mehr durch KI gesteuert werden und uns zugleich immer seltener sehen, weil Remote Work vielfach die Oberhand hat, ist ein gemeinsamer sinnbehafteter Purpose der beste Kitt.
Der Purpose ist der Daseinssinn, das Warum, der „reason why“ einer Organisation. Wie ein Leitstern gibt er die nötige Orientierung. So kann ein sinnvoller Purpose für alle unternehmerischen Entscheidungen als Filter dienen. Er zeigt dem Management, den Mitarbeitenden, Kunden und Partnern,
Für die Toptalente der jungen Generation ist ein glaubwürdig zukunftsfähiger, sozialökologisch geprägter Purpose ein oft maßgeblicher Grund bei der Arbeitgeberwahl. Und wenn Start-ups für weitere Finanzierungsrunden vor potenziellen Investoren präsentieren, steht meist ihr Purpose auf der ersten Folie, also ganz obenauf.
Altvordere glauben bisweilen, ihre alten Leitbilder würden als Purpose taugen. Nein, das tun sie nicht. Konventionelle Leitbilder sind selbstgefällig und egozentriert. Sie zelebrieren keinen Nutzen für den Markt und die Welt, sondern den Traum von eigener Größe und Herrlichkeit. Und so hört sich das an: „Wir sind Marktführer in … .“ Oder so: „Unsere Marken zählen zu den Top 3 global.“ Oder beispielsweise auch so: „Wir sind der Technologievorreiter unserer Branche.“
Dann das alte Leitbild einfach umformulieren? Davon rate ich ab. Das, was ein Leitbild und die mit ihm verbundenen meist hohlen Werte besagen, wurde und wird in tradierten Managementkreisen oft derart missachtet, dass man sie nur noch mit Zynismus erträgt. Lügenbaum wurde zum Beispiel die Säule in einer Düsseldorfer Firmenzentrale genannt, an der Fotos von Führungskräften hingen, die Leitbildsprüche von sich gaben.
Ein Unternehmen und dessen Management, so der einflussreiche Ökonom Milton Friedman vor 50 Jahren, habe keine soziale Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit oder der Gesellschaft, sondern den Auftrag, den Profit für die Shareholder zu maximieren. Natürlich sollen Unternehmen Gewinne erzielen. Stehen aber Vorherrschaft, Wachstumswahn und Maximalrenditen im Fokus, kann das in die zweifelhaftesten Richtungen führen. Beispiele hierfür gibt es leider genug.
Aufgeklärte Konsumenten, Toptalente und auch die Gesellschaft erwarten inzwischen, dass ein Unternehmen hehrere Ziele verfolgt als Marktführerschaft und maximalen Profit. Sie wollen vielmehr wissen, welche Haltung ein Anbieter glaubhaft vertritt, wie er mit seinen Kunden und Mitarbeitenden umgeht und welchen Nutzwert er der Welt bringt. Fortan geht es somit um die Vereinbarkeit von Gewinnstreben, Gemeinwohl und Nachhaltigkeit, um die Balance von Profit, People und Planet. Nicht nur das Zahlenwerk, auch die moralische Bilanz muss stimmen, um zukunftsfähig zu sein.
Ein Future Purpose ist sinnstiftend, authentisch, wahrhaftig, inspirierend, vorausschauend, kühn. Er definiert, zu einer Kernbotschaft verdichtet, die „höchste zukünftige Möglichkeit einer Organisation“, würde der durch seine „Theorie U“ bekanntgewordene deutsche Systemforscher und MIT-Professor Otto Scharmer wohl sagen. „Put Purpose at the Core of Your Strategy“ titelte die Harvard Business Review bereits 2019. In meinem Orbit-Modell steht er im Zentrum. Wie der Kern einer Frucht sichert er das Überleben am Markt.
Die Definition eines zukunftsfähigen Purpose beginnt mit folgenden Fragen:
Zum Beispiel sagt der Purpose des Energielösungsanbieters Viessmann: „Wir gestalten Lebensräume für zukünftige Generationen.“ Bei Fresenius Medical Care klingt er so: „Zukunft lebenswert gestalten. Für Patienten. Weltweit. Jeden Tag.“ Solche Formulierungen zeigen: Es geht nicht darum, wer ein Anbieter ist, sondern um den Impact, den er in die Welt bringen will. All diese Statements sind zudem „groß“ und „breit“ gedacht. Sie schaffen Raum für Ausdehnung und gesundes Wachstum.
Ein aufrichtiger und in die Zukunft gerichteter Purpose ist Leitmaxime für das Handeln aller im Unternehmen. Überprüfbar, ehrlich und echt drückt er aus, weshalb ein Unternehmen existiert und was es in der Welt für die Menschen bewirken will. Wer an einer bedeutsamen Sache mitarbeiten kann, legt sich ganz anders ins Zeug als jemand, der sich als Lakai für die Ego-Ziele anderer sieht. Inbrunst, Leidenschaft und volle Leistungskraft entwickelt man nur für das, was einem ein inneres Anliegen ist.
Es ist ganz erstaunlich, welch kollektive Kraft ein auf eine lebenswerte Zukunft ausgerichteter Purpose bei den Menschen freisetzen kann. Wer dem Wohl des Planeten dient, die Lebensqualität der Menschen verbessert und die Welt nachprüfbar zu einem besseren Ort macht, den unterstützen wir gern. Nach den talentiertesten Talenten, den interessantesten Partnern, den kaufkräftigsten Kunden und den fittesten Investoren braucht man dann nicht mehr mühsam zu suchen. Die finden einen wie von selbst.