Digitalisierung wirkt über den Tod hinaus

Digitalisierung wirkt über den Tod hinaus

 
16. September 2019

Wenn ein Mensch verstirbt, bleiben auch persönliche Daten in der Cloud  oder in sozialen Netzwerken zurück. Man spricht dabei vom digitalen Nachlass. Es ist ratsam die Nutzung dieser Daten zu Lebzeiten privat, wie auch geschäftlich zu regeln.

Fast 90 Prozent aller Bundesbürger sind online! Im eMail-Account, in sozialen Netzwerken, beim Online Banking – überall sind Informationen über den Nutzer gespeichert.

Was passiert mit diesen Daten im Todesfall? Man spricht in Bezug auf die Daten vom digitalen Nachlass. Darunter versteht man alle Rechtsverhältnisse eines Erblassers, die auf digitalem Wege und in digitalen Systemen entstanden und gespeichert sind.

Sie laufen einfach weiter. Ohne Zugangsdaten haben Angehörige keine Möglichkeit, darauf zuzugreifen oder die Inhalte zu bearbeiten. Selbst Profile inaktiv zu setzen oder zu löschen ist nach dem Tod nicht so einfach möglich. Dies kann schnell ein bürokratischer und langwieriger Weg werden, wenn nicht Vorsorge getroffen wurde. Oft läuft die Kommunikation dann einseitig weiter weil man an die Accounts nicht herankommt. Für die hilflosen Angehörigen ist dies meist eine schlimme Situation!

Wem gehört was?

Zu Lebzeiten sollte rechtzeitig festgelegt werden, was mit den einzelnen Konten und Daten nach dem Tod eines Erblassers passieren soll. Viele User wissen nicht, dass gespeicherten Daten des verstorbenen Users beim Anbieter der „digitalen Werkzeuge“ verbleiben. Erben in der realen, physischen Welt werden nicht automatisch Erben des digitalen Nachlasses. Personenbezogene Daten bleiben über den Tod hinaus ein sensibles Gut.

Man denke nur an den Diebstahl von Identitäten und Missbrauch, was ggfs auch zu Schadensersatzforderungen aus der Erbmasse weitreichende Folgen haben kann.

Nicht zu vergessen ist die Beschädigung des guten Rufes oder des Leumunds im Fällen von „gefakten Daten und Nachrichten“ die zu einer üblen Nachrede auf den Verstorbenen führen können.

Digitaler Nachlass ist jedoch viel mehr als nur die Profile bei Instagram, Facebook, YouTube und Co. Verträge werden zunehmend online abgeschlossen. Von Netflix, Booking.com bis hin zur Bahncard werden Login Daten personalisiert. Verträge für Mobiltelefon, Gasversorgung und Pay-TV wird alles Online geregelt. Amazon-Bestellung, das Gebot bei eBay und Abonnements alles wird Teil der Erbmasse und ist immer mit Kosten und Verpflichtungen verbunden.

All dies kann durch frühzeitige Vorsorge zu Lebzeiten geregelt werden.

Vorsorge treffen!

Der einfachste Schritt seinen digitalen Nachlass zu regeln, ist das Erstellen einer Übersicht aller Profile, einschließlich der Zugangsdaten. Diese Liste sollte sicher verwahrt und im Todesfall den Angehörigen, einer Person des Vertrauens oder einem Nachlassverwalter zugänglich gemacht werden. Mindestens der Zugang zum eMail-Account sollte hinterlegt werden, denn viele Passwörter lassen sich unter Angabe der verwendeten eMail-Adresse zurücksetzen. Am besten wird dies noch durch eine schriftliche Vollmacht unterstützt. Eine Check-Liste mit den wichtigsten Accounts sowie eine Muster-Vollmacht wird z.B. von den Verbraucherzentralen auf deren Homepage kostenfrei angeboten. Man erhält eine Hilfe um den den digitalen Nachlass im Netz zu regeln.

Ideelle Werte retten

Neben den wirtschaftlichen Werten befinden sich auf den Servern und in der Cloud oftmals viel wertvollere indeelle Schätze. Online Tagebücher, Reiseerinnerungen und viele viele Bilder und Videos sind heute selbstverständlich in der Cloud gespeichert. Ohne entsprechende Zugangsdaten haben Angehörige auch hier keine Chance, auf diese sehr persönlichen Erinnerungen zuzugreifen.

Ein weitere Punkt für Digitalen Nachlass ist für die Hinterbliebenen ein ganz pragmatischer:

Die klassische Todesanzeige in der Zeitung erreicht heute, besonders bei jüngeren Verstorbenen nur noch einen kleinen Teil des Bekannten- und Freundeskreises. Mit einer Nachricht über Netzwerke, erreichen die Angehörigen schnell und unkompliziert das persönliche Netzwerk des Verstorbenen. So kann die Chronik des Toten schnell zum digitalen Kondolenzbuch werden und so zur Trauerarbeit beitragen.

Checkliste für den Digitalen Nachlass:

Diese zehn einfachen Schritte helfen Ihnen bei der Regelung Ihres digitalen Nachlasses:

  1. Passwort zum Zugang des PC: Ist der Rechner passwortgeschützt? Sie sollten Ihren Angehörigen dieses Passwort bereit stellen. Gleiches gilt für Handy oder Tablet.
  2. Account Übersicht: Wo haben Sie Accounts? Überblick über die eigene Online-Aktivität verschaffen und über die nächsten Wochen mitschreiben wo man sich einloggt. Vieles vergisst man meist.
  3. Details aufschreiben: Accounts, Nutzernamen, Emailadressen und Passwörtern mit den jeweiliegn Links. So können Hinterbliebene direkt auf die Benutzerkonten zugreifen.
  4. Mitgliedschaften besonders kennzeichnen: Mitgliedschaften und Abonnements verursachen Kosten. Kennzeichnen Sie diese besonders, so dass Hinterbliebenen wissen, um welche Accounts Sie sich zuerst kümmern müssen.
  5. Sicher ablegen: Diese Aufstellung muss ganz altmodisch ausgedruckt und in Papierform verwahrt werden, evtl. sogar zusätzlich in einem Bankschließfach.
    Ein Speichern in der Cloud oder auf dem Rechner ist hier nicht zu empfehlen, denn mit allen Zugangsdaten wäre ein Verlust oder Datendiebstahl mit herheerenden Folgen versehen.
  6. Auffinden sicher stellen: Der Aufbewahrungsort dieser Übersicht muss bekannt sein. Teilen Sie ihn Ihren Familienangehörigen oder einer Vertrauensperson mit. Alternativ können Sie ihn auch in ihrem Testament angeben.
  7. Benennen Sie Ihren digitalen Nachlassverwalter: Eine Person, die sich um die Abwicklung Ihres digitalen Nachlass kümmert muss von Ihnen benannt werden. Dafür reicht eine einfache Vollmacht.
  8. Was soll den Accounts nach Ihrem Tod passieren?: Soll die Facebook Seite gelöscht oder evtl. in Gedenkstatus versetzt werden? Legen Sie schriftlich nieder, was mit Ihren Accounts passieren soll.
  9. Vorsicht bei Fremdanbietern : Auch Firmen bieten solche Regelung und Abwicklung des digitalen Nachlasses an. Bedenken Sie: Sie geben so sehr viele und persönliche Daten in fremde Hände.
  10. Übersicht Aktualisieren: Halten Sie Ihre Übersicht auf aktuellem Stand. Falls Sie Passwörter verändern, aktualisieren Sie die Übersicht. Gleiches gilt für den Abschluss neuer Onlineverträge und das Anlegen neuer Profile.

Um zu vermeiden, dass die persönlichen Daten beim Anbieter bleiben ist eine frühzeitige Regelung zwingend nötig. Auch jüngste Rechtsprechung hat noch zu keine Grundsatzurteil geführt, bisher musste in jedem Einzelfall das Recht für die Hinterbliebenen Erstritten werden. Beim Tod eines geliebten Menschen ist dies eine ungeheuerliche zusätzliche Belastung!

Mittlerweile bieten aber auch Plattformen wie Facebook und Co die Möglichkeit, direkt eine Regelung für Digitalen Nachlass zu bestimmen und bereits im Account einzutragen.

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Thomas Sickinger
Über
Thomas Sickinger
Thomas Sickinger ist Geschäftsführer der EnoCom GmbH, einem Tochterunternehmen der ZG Raiffeisen Gruppe das als Technischer Dienstleister Leistungen in den Bereichen Energie, BauManagement und IT-Kommunikation erbringt. Er ist Elektrotechniker mit der Vertiefung Datenelektronik. Bei der Digitalisierung konzentriert sich die EnoCom auf die Belange der Banken und ist als Mobiler Service Provider tätig.
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