Interview: Von der Digitalisierung des Fernwehs

Interview: Von der Digitalisierung des Fernwehs

 
12. März 2018

Wie können komplexe Buchungsvorgänge einer Camper-Reise im Ausland für eine digital-erfahrene Zielgruppe angeboten und umgesetzt werden? Ein Gespräch über die Leidenschaft fürs Reisen und die konsequente Begeisterung beim digitalen  Buchungsprozess.

Die Reisebranche hat in den letzten 20 Jahren vielfältige Veränderungen erlebt. Die heutige Organisation des Reisemarktes ist ohne die Digitalisierung unvorstellbar geworden – Apps und Onlinebuchungen sind längst Bestandteil unseres alltäglichen Lebens geworden.

Interview mit Timmo Krause-Dünow, Geschäftsführer von CU Travel

Wir wollten es genau wissen und haben einen jungen Unternehmer befragt, der mit und durch die Digitalisierung groß geworden ist. Timmo Krause-Dünow, Jahrgang 1989, ist Geschäftsführer von CU Travel GmbH & Co. KG. Er hat ein Geschäftsmodell aufgebaut, das sich perfekt an die Anforderungen einer digital erfahrenen und selbstbestimmten Zielgruppe angepasst hat. Von 2009 bis 2012 studierte er Tourismus- und Event-Management in München, Valencia und Honolulu. Er lebt und arbeitet in Hamburg, wenn er nicht gerade mit einem Camper auf Reisen ist.

Timmo Krause-Dünow, Geschäftsführer von CU Travel

Timmo Krause-Dünow ist Geschäftsführer der CU Travel GmbH & Co. KG.

Das Erlebnis muss schon bei der Reisevorbereitung im Vordergrund stehen

Transformations-Magazin: Was treibt Sie persönlich an?

Timmo Krause-Dünow: Ich reise leidenschaftlich viel und gerne. In erster Linie ist es diese Begeisterung, die ich an andere weitergeben möchte. Aus eigener Erfahrung weiß ich jedoch, dass die Planung eines tollen Urlaubs häufig in vielen Preisvergleichen mündet und mit hohem Planungsaufwand verbunden ist. Ich bin davon überzeugt, dass auch bei eigener Organisation der Spaß und das Erlebnis der Destination schon bei der Reisevorbereitung im Vordergrund stehen sollten. Genau das ist mein Ziel: ich möchte, dass die Planung und Organisation der eigenen Reise Spaß macht – der Urlaub also „in Prosa formuliert“ schon vor der Reise beginnt.

Transformations-Magazin: Wie würden Sie die Kultur in Ihrem Unternehmen beschreiben?

So unterschiedlich die Aufgabenbereiche unserer Mitarbeiter auch sind, sie alle vereint genau die eben geschilderte Leidenschaft des Reisens. Dadurch sind alle Kollegen vom Service Agenten, über den Marketing Manager hin zum Programmierer hoch motiviert und identifizieren sich mit der täglichen Arbeit.

Genau diese begeisterte Gemeinschaft treibt auch mich unglaublich an und motiviert mich jeden Tag wieder die nächsten Schritte zu gehen

Ultimativ kommt genau diese Motivation und Stimmung auch beim Kunden an und so schaffen wir es, Online Reiseportale zur Verfügung zu stellen, die dem Kunden Spaß an der Organisation seiner Traumreise bereiten.

Transformations-Magazin: Was ist die USP ihrer Firma und wie haben Sie das umgesetzt?

Timmo Krause-Dünow: Um die Reiseplanung so angenehm wie möglich zu gestalten, haben wir bei unseren Webseiten einen anderen Ansatz als unsere Mitbewerber gewählt. Wir versuchen unsere Kunden nicht durch ständige Rabatthinweise und offensichtlichen Buchungsdruck zur Buchung zu bringen, sondern wählen einen sehr viel emotional-persönlicheren Ansatz.

Wir versuchen durch viele Bilder, Videos oder auch interaktiveren Tools wie 360° Touren die Produkte in den Destinationen erlebbar zu machen. Unsere Kunden sollen sich vorstellen können, wie sie beispielsweise mit dem Wohnmobil durch Kanada fahren und sich dann für ihr Wunschfahrzeug entscheiden. So haben sie Spaß bei der Auswahl der Produkte und bereits die Planung der Reise wird zum Erlebnis.

Die User Experience auf der Website ist extrem wichtig

Transformations-Magazin: Welche weiteren wichtigen Erfolgsfaktoren gibt es?

Timmo Krause-Dünow: Daneben ist natürlich die User Experience auf der Website extrem wichtig. Ohne dass unsere Seiten schnell, einfach verständlich und reibungsfrei laufen, wird die Buchung gar nicht erst zum Erlebnis. Daher lassen wir die Experience ständig testen und verbessern die Technik fortlaufend.

Wir sind uns auch des großen Onlineangebots bewusst und wissen, wie verlockend es ist nochmal auf anderen Seiten nach Preisen und anderen Möglichkeiten zu suchen. Daher garantieren wir unseren Kunden, dass wir die größte Auswahl anbieten und obendrein auch den besten Preis.

Konkret haben wir keinen Aufwand gescheut auch ganz kleine Partner in Nordamerika aufzunehmen und überprüfen ständig unsere Preisposition. Diese Alleinstellungsmerkmale dienen am Ende auch wieder dem Ziel, dass unsere Kunden den Buchungsprozess genießen können und Spaß an der Organisation ihrer Reise empfinden, ohne sich zu fragen, ob sie auf einer anderen Seit noch bessere Produkt zu besseren Preisen finden würden.

Der Chef muss Vordenker bei der Digitalisierung sein

Transformations-Magazin: Warum tun sich andere Unternehmen mit der Umsetzung der Digitalisierung so schwer?

Timmo Krause-Dünow: Gute Frage. Ich glaube bzw. schließe ich das aus meinen Erfahrungen, dass etablierte Unternehmen häufig sehr festgefahren sind. Die Mitarbeiter gehen ihrer täglichen Arbeit nach und arbeiten entsprechend der sich langjährig entwickelten Arbeitsprozesse immer im selben Rhythmus. Das ist gar nicht als Vorwurf gemeint, sondern ist bei den Unternehmenskulturen, die ich häufig kennengelernt habe, quasi selbstverständlich.

Der Chef trifft die Entscheidungen, was zu tun ist und der Mitarbeiter führt nur noch aus. So verlernt der einzelne Mitarbeiter das Mitdenken und hinterfragt seine Arbeit nicht. Wenn dann die Digitalisierung vor der Tür steht, muss der Chef wieder der Vordenker sein.

Das mag ja auch noch funktionieren, aber die Mitarbeiter müssen ebenso offen für die Digitalisierung sein. Genau das sind sie dann eben nicht mehr, weil sie ihre tägliche Arbeit eben nicht selber gestalten und so auch nicht verstehen, warum welche Schritte wichtig sind bzw. was konkret die Digitalisierung ihnen bringt. Im schlimmsten Fall sehen sie die geforderten Veränderungen sogar als Bedrohung ihres Arbeitsplatzes und blockieren.

So scheitert dann die Digitalisierung, weil etwas vom Management versucht wird zu erzwingen, was aber gar nicht durch den einzelnen Mitarbeiter als Chance verstanden werden kann.

Falschen Entscheidungen sollte man nicht nachtrauern

Transformations-Magazin: Warum haben Sie sich nicht von Managementberatungen helfen lassen?

Timmo Krause-Dünow: Wenn wir den Mitarbeitern bzw. Kollegen grundsätzlich Vertrauen schenken und ihnen die Verantwortung geben, Entscheidungen selber zu treffen, entwickelt sich eine Kultur, in der im besten Fall der Impuls der Veränderung gar nicht mehr von der Führungskraft kommen muss, sondern automatisch von den Mitarbeitern kommt.

Ich habe häufig in solchen Unternehmenskulturen erlebt, dass die Veränderungsanstöße aus den Teams selber kommen. Das ist natürlich optimal, denn die Veränderung geschieht von innen heraus. So werden dann Veränderungen bis in die letzte Spitze des Unternehmens gelebt und eine Herausforderung wie die Digitalisierung glückt ohne Probleme.

Transformations-Magazin: Wenn Sie nochmal neu starten würden, was würden Sie bei der nächsten Gründung eines Unternehmens anders machen?

Timmo Krause-Dünow: Sie haben mich eben gefragt, warum ich keine Hilfe bei Managementberatung gesucht habe und die Antwort knüpft ziemlich genau an diese Frage an. Ich würde nichts wirklich anders machen. Ich habe natürlich viele Fehler gemacht, die ich rückwirkend gerne rückgängig machen würde. Diese Fehler haben viel Geld gekostet, sind aber gleichzeitig enorme Erfahrungen, die uns für die Zukunft besser machen. Hätten wir Unternehmensberater herangezogen, hätte wir den ein oder anderen Fehler vielleicht vermieden, würden aber sicherlich mit CU nicht da sein, wo wir jetzt sind bzw. langfristig sein werden.

Transformations-Magazin: Was können andere Gründer von Ihnen lernen?

Timmo Krause-Dünow: Wenn ich anderen Gründern einen Tipp geben soll, dann würde ich immer sagen, dass sie nachträglich offensichtlich falschen Entscheidungen nicht nachtrauern sollten, sondern daraus lernen und das Erlernte in der Zukunft auf andere Themen adaptieren sollten. Das gilt aber am Ende des Tages nicht nur für Gründer, sondern für alle Mitarbeiter gleichermaßen.

Wir sind nur schnell und flexibel und können uns als Unternehmen etwaigen Marktentwicklungen schnell anpassen, wenn alle im Unternehmen eigenverantwortlich handeln, Fehler machen und daraus lernen dürfen. Fehler machen dürfen ist ein ganz wichtiger Punkt, denn nur so sind wir alle risikobereit und stehen Veränderungen offen und nicht ängstlich gegenüber.

Dann sehe ich, um den Bogen zu schließen, auch kein Problem darin, einer Herausforderung bzw. Chance wie der Digitalisierung offen und selbstbewusst entgegenzutreten.

Transformations-Magazin: Wir danken Ihnen für dieses Gespräch!

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Dr. Peter Lender
Über
Dr. Peter Lender
Dr. Peter Lender ist geschäftsführender Gesellschafter der DIGUM GmbH, DIN-ISO-zertifizierter Nachhaltigkeitsmanager und Entwickler des DigitalisierungsAudits sowie von zahlreichen Plattformen und Ökosystemen. Als zertifizierter Sanierungsberater (IFUS-Institut) ist er u.a. Mitbegründer der Geschäftsmodell-Werkstatt, sowie der DigitalisierungsAkademie. Zuvor befasste er sich mit dem Aufbau und der Positionierung von Kunden-Service und User Experience im Rahmen der Transformation von Geschäftsmodellen. Er ist Autor von Fachbüchern und Herausgeber des T4Magazins. In Konstanz hat er hat Volkswirtschaft und in Kiel Agrarökonomie studiert und anschließend als Doktor der Agrarwissenschaften promoviert. Er ist außerdem Diplom Bankbetriebswirt (ADG).
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