Digitalisierung? Nun mal ganz langsam von vorne… (3/10)

Digitalisierung? Nun mal ganz langsam von vorne… (3/10)

 
04. Juni 2018

Wer beim Thema Digitalisierung mitreden und mitgestalten will, sollte erst einmal wissen worüber wir überhaupt sprechen und was „Mann oder Frau“ darunter versteht. Teil 3 der 100 wichtigsten Begriffe rund um die Digitalisierung.

Ohne das Bestehen einer Begriffsklarheit machen Diskussionen wenig Sinn. Im Zuge der digitalen Transformation haben sich viele Begriffe in unseren Sprachgebrauch eingefügt, die häufig von jedem ein wenig anders verstanden werden. In unserer Artikelserie wollen wir versuchen, bei den Top 100 Begriffen zur Digitalisierung ein gemeinsames Verständnis und damit eine Basis für eine Gestaltung einer zunehmend digitalisierten Umwelt zu schaffen. Im ersten Teil ging es um den Buchstaben „A“, im zweiten war „B“ an der Reihe. Heute nun geht es mit „C“ weiter.

Die Top Begriffe der Digitalisierung (21-30)

21. Cost per Click / Cost per Lead

Cost-per-Click (Kosten pro Klick) definiert eine Form der Zählung und Abrechnung bei der der Maus-Klick auf ein Werbemittel als Grundlage verwendet wird. Wenn ein User auf die Werbung auf der Homepage eines anderen Unternehmens oder Institution klickt, entsteht eine Abrechnungsgrundlage. Der Werbetreibende zahlt dann einen definierten Betrag an den Betreiber der Homepage. Da die begehrten Werbeplätze begrenzt sind, bestimmt sich die Höhe des Preises nach dem Prinzip des Meistbietenden. Also je mehr ein Unternehmen für einen Klick bezahlt, desto besser wird die Werbebotschaft auf der Homepage positioniert. Zielsetzung ist die Erhöhung der Besucherzahlen auf Basis von dezentral geschalteten Werbemaßnahmen im Rahmen Suchmaschinenmarketings (SEM).

Alternativ kann das Modell „Cost-per-Lead“ (Kosten pro Kontakt) als Grundlage der Abrechnung vereinbart und verwendet werden. Als Kontakt oder Leads werden persönliche Daten, die vom Interessenten aus eigener Motivation in ein dafür vorgesehenes Formular eingesetzt werden, bezeichnet. Diese Leads oder Kontakte werden durch User generiert, die sich in einem Portal registrieren, einen Newsletter abonnieren oder ein Produkt oder eine Dienstleistung auf einem Portal kaufen. Der Werbetreibende zahlt dann pro Registrierung eines Users einen definierten Betrag an den Betreiber der Homepage.

22. Crowdfunding

Crowdfunding (Schwarm-oder Gruppen Finanzierung) ist eine Option der Beschaffung von Kapital außerhalb der klassischen Bank-Finanzierungen für die Umsetzung von Einzelprodukten, Einzelprojekten im gemeinnützigen Bereich oder auch für die Privatwirtschaft, oder auch von Unternehmensgründungen. Als Gegenleistung erhält der Kapitalgeber zumeist eine Form stiller Beteiligungen an dem Unternehmen oder eine bevorzugte Belieferung zum Sonderpreis oder exklusive Nutzungsrechte. Bei der Crowd-Finanzierung ist es zumeist eine Gruppe von Privatpersonen oder Unternehmen und Institutionen, die als Kapitalgeber fungieren und damit die finanzielle Realisierung der Idee ermöglichen. Der Kontakt und die Vermittlung der Gruppe von Kapitalgebern und den Kapitalnehmern funktioniert zumeist über das World Wide Web. Zur Bündelung und schnelleren Auffindbarkeit haben sich sogenannte Plattformen zum Crowdfunding im Internet etabliert.

23. CRM

Customer-Relationship-Management (CRM) lässt sich mit dem „Management der Kundenbeziehungen“ eines Unternehmens oder einer Institution am einfachsten übersetzen. CRM wird zumeist als strategischer Ansatz, der alle Kundeninteraktionen eines Unternehmens misst und in Bezug auf die Prozesse im Unternehmen beeinflussen soll, verstanden. Gerade in wettbewerbsorientierten Märkten mit einer Dominanz der Käuferseite ist die Kundenzentrierung eines Unternehmens der entscheidende Wettbewerbsfaktor. Nicht mehr das zu verkaufende Produkt oder die zu verkaufende Dienstleistung stehen im Mittelpunkt, sondern der Kunde und der notwendige Kunden-Service stehen im Mittelpunkt der gesamten Unternehmensprozesse.

Dabei sollte CRM nicht als ein IT-Tool der Kundenpflege installiert werden, sondern den gesamten Planungs-, Steuerungs- und Umsetzungsprozess in einem Unternehmen dominieren, Das Unternehmen und die Wertschöpfung sollen aus Sicht des Kunden gedacht werden. Ausgangspunkt ist immer die Datensammlung und die systematische Datenanalyse um Bestandskunden möglichst dauerhaft an das Unternehmen und seine Wertschöpfung in Form von Produkten oder Dienstleistungen zu binden.

24. Datenschutz

Datenschutz und Datensicherheit soll dem Schutz der Privatsphäre vor unbefugten und unautorisierten Zugriffen Dritter dienen. Dabei sollen Privatpersonen vor Folgen und Gefahren, die aus der Verarbeitung personenbezogener Daten für den Einzelnen entstehen können, geschützt werden. Auf Basis des Grundsatzes und des Grundgesetzes auf informationelle Selbstbestimmung in Bezug auf personenbezogenen Daten darf jeder Bürger in der EU selbst bestimmen, wer was bei welcher Gelegenheit von seinen Daten sehen und bearbeiten darf. Das dient dem Schutz der Privatsphäre. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist die rechtliche Basis des Datenschutzes. Gemäß § 5  (BDSG) sind Unternehmen und Behörden verpflichtet, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – soweit sie mit der Verarbeitung personenbezogener Daten vertraut sind – bei Beginn ihrer Tätigkeit das Datengeheimnis zu wahren. Mit europaweiter Einführung des DSGVO (Datenschutz Grund-Verordnung) zum 25.5.18 werden diese Datenschutzrechte nochmal erweitert und mit einer Beweislastumkehr für den Beklagten und mit Sanktionen belegt.

25. Datenrate

Die Datenrate oder auch Übertragungsrate bezeichnet eine Menge an Daten, die in einer bestimmten Zeitspanne übertragen werden. Als die meist verwendete Zeitspanne wird die Sekunde verwendet; zum Beispiel Megabit pro Sekunde = Mbit/s.

26. Design Thinking

Als Design Thinking wird ein strukturiert iterativer und institutioneller Prozess zur Entwicklung und Umsetzung kreativer Ideen bezeichnet. Diese Vorgehensweise wird zumeist zur Beschleunigung der Agilität von bestehenden Unternehmen verwendet. Agilität ist die Fähigkeit einer Organisationseinheit aktiv, flexibel und anpassungsfähig in Zeiten des Wandels zu agieren. Bzgl. der Werkzeuge ist zwischen SCRUM, Design Thinking KANBAN zu unterscheiden. Der iterative Prozess des Design Thinkings setzt sich zumeist aus sechs Schritten zusammen:

  1. Verstehen: Im ersten Schritt geht es um das Verständnis des Problems, was in der Wahl einer geeigneten Fragestellung mündet, welche die Bedürfnisse und Herausforderungen des Projekts definiert. Erarbeitung des WARUM.
  2. Beobachten und intensive Recherche, um wichtige Einsichten und Erkenntnisse zu gewinnen und die Rahmenbedingungen der vorhandenen Lösungsangebote und des WARUM es eine neue Lösung benötigt, zu definieren.
  3. Verschiedene Sichtweisen auf das WARUM: Die gemachten Beobachtungen werden dann auf einen einzelnen, prototypischen Nutzer heruntergebrochen, dessen Bedürfnisse in einer klar definierten Brainstorming-Frage kondensiert werden.
  4. Ideenfindung: Dieser Schritt ist eines der Kernelemente des Design Thinkings und besteht vor allem aus dem Brainstorming, welches der Entwicklung und Visualisierung unterschiedlicher Konzepte dient.
  5. Prototyping: Zum Testen und Veranschaulichen der Ideen werden erste, aufwandsarme Prototypen entwickelt und an der Zielgruppe getestet.
  6. Verfeinerung und ggfs. nochmal ein neuer Prozess: Auf Basis der durch Prototypen gewonnenen Einsichten wird das Konzept weiter verbessert und solange verfeinert, bis ein optimales, nutzerorientiertes Produkt oder Dienstleistung entstanden ist.

27. Digital Native

Der Begriff „Digital Native“ stammt aus dem englischsprachigen Raum und bedeutet frei übersetzt „Digital Eingeborener“ und wurde 2001 von Marc Prensky in der Zeitschrift „On the horizon“ veröffentlicht. Mittels dieses Begriffes soll die Generation bezeichnet werden, welche in dieses Zeitalter der Digitalisierung hineingeboren und aufgewachsen ist und selbstverständlich mit dieser Technik umgeht. Das Gegenstück zu dem Begriff ist der Begriff des „Digital Immigrant“ also eine Personengruppe, welche die neuen Technologien erst im Erwachsenenalter kennengelernt hat.

28. Disruption

Der Begriff „Disruption“ stammt aus dem englischen Wort „disrupt“ („zerstören“, „unterbrechen“) und beschreibt den zerstörerischen Umbruch der bisherigen analogen und unvernetzten Wirtschaftsmodelle und Branchen durch die vernetzte Digitalwirtschaft.  Dieser Begriff geht auf die 1997 von Clayton Christensen entwickelten Theorie der Disruption zurück, nach der jedes etablierte Unternehmen von einer solchen existenzberaubenden Disruption bedroht werden kann.  Im Gegensatz dazu bezeichnet eine Innovation eine Erneuerung, die den Markt nicht grundlegend verändert, sondern lediglich weiterentwickelt. Eine Disruption bewirkt eine komplette Umstrukturierung beziehungsweise Zerschlagung der bis dato etablierten Geschäftsmodelle, Produkte, Technologien oder Dienstleistungen, die von innovativen Erneuerungen abgelöst und vollständig verdrängt werden. Beispiele für disruptive Technologien sind die Einführung der Elektrifizierung, die massenweise Produktion von Verbrennungsmotoren und PKW´s, das Internet oder das Smartphone.

29. DSL

DSL (englisch: Digital Subscriber Line) startete Anfang der 1980er-Jahre mit der Digitalisierung von Telefonnetzen. 1989 folgte die nächste Stufe mit der Einführung des Integrated Services Digital Network (ISDN). Damit wurde das Zugangsnetz und die Teilnehmeranschlüsse digitalisiert und die Einwahl ins Internet und die Datenfernübertragung von 56 Kbit/s auf 128 Kbit/sec gesteigert. 1991 und 1995 wurde die „Asymmetric Digital Subscriber Line(ADSL)“-Technik entwickelt. Dabei handelt es sich um ein Übertragungsverfahren bei dem 6 Mbit/s im Downlink mit Hilfe eines Breitband-Internet-Anschluss über eine normale Telefonleitung möglich waren. Beim ADSL2+,konnten Datenübertragungsraten von bis zu 25 Mbit/s im Down- und bis zu 3,5 Mbit/s im Uplink erreicht werden. Very High Speed Digital Subscriber Line 2 (VDSL2) beschreibt die in Deutschland eingeführte Technik, um Daten per Breit- band über das Kupferkabel theoretisch mit bis zu 100 Mbit/s im Down- und bis zu 40 Mbit/s im Uplink übertragen zu können. Die VDSL-Übertragungstechnik basiert auf ADSL und liefert deutlich höhere Datenübertragungsraten über normale Telefonleitungen als die älteren Systeme ADSL oder ADSL2+.  Bei der Übertragung per Glasfaser sind Datenraten bis in den Multi-Gbit/s-Bereich in beide Richtungen (Up- und Downstream) möglich.

30. Digitale Geschäftsmodelle

Bei der Beschäftigung mit neuen digitalen Geschäftsmodellen ist zu unterscheiden, ob es sich wirklich um ein neues Modell in neuen Märkten handelt, oder ob sich um neue Geschäftsprozesse eines bestehenden Modells handelt. Im zweiten Schritt ist zu unterscheiden, ob das Produkt oder die Dienstleistung digitalisiert werden soll oder der Vertriebskanal. Im dritten Schritt ist zu unterscheiden, ob es sich um eine bis dato im Markt unbekannte technische Lösung für bisher im Detail unbekannte Kundenanforderungen handelt, oder ob es lediglich eine Weiterentwicklung bekannter Dienstleistungs- und Produktangebote ist. Für erstes eignet sich die Vorgehensweise eines Design Thinking Workshops. Im Ergebnis müssen bei den digitalen Geschäftsmodellen folgende Fragen im Detail erläutert werden:

  • Wer nutzt die Leistung und ist bereit dafür zu bezahlen?
  • Was ist das konkrete abzurechnende Leistungsangebot?
  • Wie erfolgt die Leistungserstellung aus Sicht der Kunden?
  • Wie wird der Wert der Leistung geschaffen?

Die Beantwortung der Fragen für zu Antworten in Bezug auf das

  • Nutzenversprechen
  • Wertschöpfungsketten
  • Ertragsmechanik
  • Leistungserzielung
  • Leistungserstellung
  • Leistungsangebot


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Dr. Peter Lender
Über
Dr. Peter Lender
Dr. Peter Lender ist geschäftsführender Gesellschafter der DIGUM GmbH, DIN-ISO-zertifizierter Nachhaltigkeitsmanager und Entwickler des DigitalisierungsAudits sowie von zahlreichen Plattformen und Ökosystemen. Als zertifizierter Sanierungsberater (IFUS-Institut) ist er u.a. Mitbegründer der Geschäftsmodell-Werkstatt, sowie der DigitalisierungsAkademie. Zuvor befasste er sich mit dem Aufbau und der Positionierung von Kunden-Service und User Experience im Rahmen der Transformation von Geschäftsmodellen. Er ist Autor von Fachbüchern und Herausgeber des T4Magazins. In Konstanz hat er hat Volkswirtschaft und in Kiel Agrarökonomie studiert und anschließend als Doktor der Agrarwissenschaften promoviert. Er ist außerdem Diplom Bankbetriebswirt (ADG).
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