StaRUG Teil 5: Restrukturierungsbeauftragter und Moderation

StaRUG Teil 5: Restrukturierungsbeauftragter und Moderation

 
01. März 2021

Mehr gestalten und dauerhaft sanieren, als kurzfristig die Gläubiger zu bedienen: Die Maßnahmen im Rahmen des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG), können mit Hilfe eines Restrukturierungsbeauftragten umgesetzt werden.

Der Restrukturierungsbeauftragte wird im StaRUG als natürliche Person beschrieben und nimmt eine vermittelnde und überwachende Aufgabe zwischen dem Auftraggeber, in diesem Fall dem Schuldner auf der einen Seite und den Gläubigern und dem Restrukturierungsgericht auf der anderen Seite ein.

Die „Sanierungsmoderation“ dient als Oberbegriff für das Verfahren und die Vorgehensweis (§§ 94 ff. StaRUG). Ziel einer Sanierungsmoderation ist die Erarbeitung eines Sanierungsvergleichs zwischen dem schuldnerischen Unternehmen („Schuldner“) und seinen Gläubigern. Eine Sanierungsmoderation beginnt mit einen Antrag eines „restrukturierungsfähigen Schuldners“ beim zuständigen Restrukturierungsgericht am Sitz des Amtsgerichts. Dabei hat der Schuldner den Gegenstand des Unternehmens und die Art der wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten anzugeben. Zudem sind ein Verzeichnis der Gläubiger und Erklärungen, dass bei dem Unternehmen weder Zahlungsunfähigkeit noch Überschuldung vorliegt, beizufügen. Soweit der Schuldner nicht offensichtlich zahlungsunfähig oder überschuldet ist, wird die Verhandlung über die Sanierung durch einen gerichtlich bestellten Restrukturierungsbeauftragten begleitet.

Wird durch das Restrukturierungsgericht ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt, wird diesen als „notwendige Bestellung“ bezeichnet. Dieses erfolgt zumeist wenn Forderungen von Verbrauchern oder Kleinstbetrieben in Bezug auf Teil-Forderungsverzicht betroffen sind und wenn die Neuausrichtung gegen den Willen einzelner Gläubiger-Gruppen durchgesetzt werden muss.

Umsetzung auch gegen den Willen einzelner Gläubiger-Gruppen:

Zusätzlich hat nach § 94 StaRUG der Schuldner die Möglichkeit, im Falle von wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten eine gerichtlich bestellte Sanierungsmoderatorin in Anspruch zu nehmen. In diesen Fällen soll der der Restrukturierungsbeauftragte als unabhängige Instanz dafür sorgen, dass die Interessen aller Beteiligten ausgeogen berücksichtigt und gewahrt bleiben. Die Möglichkeiten zur Insolvenzanfechtung im Umfeld des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens wird bei gerichtlicher Bestellung eingeschränkt (§ 89 StaRUG). Allerdings betreffen diesen umfassenden Anfechtungsschutz nur die Maßnahmen zum Vollzug des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens nur, wenn der Restrukturierungsplan rechtskräftig (gerichtlich) bestätigt wurde (§ 90 Abs. 1 StaRUG).

Die Bestellung des Restrukturierungsberaters erfolgt zunächst für einen Zeitraum von drei Monaten und kann auf Antrag der Moderators und mit Zustimmung des Schuldners und der an der betriofenen beteiligten Gläubiger um weitere drei Monate verlängert werden.

Die Abberufung des Restrukturierungsbeauftragten erfolgt, wenn der Bestellungszeitrahmen abläuft, er selbst oder der Schuldner dieses beantragen oder wenn dem Gericht durch dern Moderator die Insolvenzreife der Schuldners angezeigt wird.

Die Aufgaben des Restrukturierungsbeauftragten

Wir können nicht ändern, was damals geschehen ist, aber wir können das Unternehmen und die Entscheidungen an die Zukunft anpassen

Die Aufgaben des Restrukturierungsbeauftragten sind,

  1. die Moderation des Verfahrens,
  2. die Überwachung der Geschäftsführung des Schuldners,
  3. die laufende Unterrichtung des Gerichts über den Verfahrensfortschritt und
  4. die Ausübung bestimmter ihm vom Gericht ggf. übertragener Befugnisse

Wann sollte ein Restrukturierungsbeauftragter eingesetzt werden? Spätenstens dann, wenn im Rahmen des Soll-Ist-Planabgleiches der Unternehmensplanung die Unternehmenskrise erkennbar ist. Doch wann ist das der Fall ? Dazu hat der BGH sogenannten Leitplanken definiert; mit Urteil vom 26.2.2017 IX ZR 285/14, Rn. 28 / BGH liegt eine Krise im Sinne der Insolvenzgefährung vor, wenn

  • „wenn das Unternehmen in der Vergangenheit keine Gewinne erwirtschaftet hat,
  • nicht leicht auf finanzielle Mittel zu- rückgreifen kann und
  • eine bilanzielle Überschuldung droht oder sogar schon eingetreten ist“

Ist eines der drei genanten Kritereien erfüllt, ist in Anlehnung an das Insolvenzrecht eine Fortführungsprognose zu erstellen. Die in diesem Rahmen zu definierende Sanierungsfähigkeit liegt vor, wenn

  • „dauerhaft“ (vgl. BGH, Urt. vom 12.05.2016 – IX ZR 65/14, Rn. 29) und „durchgreifend“ (vgl. BGH, Urt. vom 21.11.2005 – II ZR 277/03, ZIP 2006, S. 279, Rn. 14, m.w.N.) saniert ist.
  • und die Umsetzung der Sanierung das Unternehmen dazu in die Lage versetzt wird, wieder „profitabel“ (vgl.BGH vom 12.05.2016 – IX ZR 65/14, Rn. 31) zu arbeiten und
  • somit die „Rentabilität der unternehmerischen Tätigkeit“ (vgl. BGH vom 12.05.2016 – IX ZR 65/14, Rn. 36)
  • als Voraussetzung, aus eigener Kraft im Wettbewerb bestehen zu können (vgl. IDW S 6, Tz. 24), wiederhergestellt ist.

Im Falle einer positiven Fortführungsprognose, soll der Restrukturierungsbeauftragte das Unternehmen und die Geschäftsführung bei der Ausarbeitung des Sanierungskonzeptes unterstützen und die laufenden Verhandlungen mit den Gläubigern unterstützen. Letzteres jedoch mit dem Ziel zuerst das Unternehmen wettbewerbsfähig und Gewinnfähig zu gestalten, um auf der Basis die Gläubiger zu befriedigen. Damit wird der Restruktiurierungsbeauftragte zum Moderator, der für alle Betroffenen eine valide Fortführungslösung verhandelt und bei der Umsetzung begleitet. Basis eines Restrukturierungsplans und Ziel allen Handelns eines Restrukturierungsbeauftragten ist die Schaffung eines wettbewerbsfähigen Geschäftsmodells.

Ausgangslage für eine Krise und Notwendigkeit zum Sanieren

Die Sanierungsfähigkeit eines Unternehmens basiert auf der Fortführungsfähigkeit und der Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere des Geschäftsmodells.

Anforderungen an den Restrukturierungsbeauftragten

Start-Up- und Sanierungs-Kompetenz

War es in der Vergangenheit mit Blick auf die Bewältigung der Vergangenheit notwendig, eine solides juristische Fach-Ausbildung und Erfahrungen in Insolvenzfällen zu haben, so ist es mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit unter Beachtung der Regelungen des StaRUG für den Restrukturierungsbeauftragten wichtig, insbesondere die  neuen, digitalen Geschäftsmodelle zu kennen, zu beherrschen und anzuwenden. Damit kann die Zukunftsfähigkeit von tradierten Unternehmen unter veränderten Rahmenbedingungen hergestellt und dauerhaft verankert werden.

Die Gestaltung und Sanierung steht im Fokus! Die Abwicklung und Verwaltung von Insolvenzen soll vermieden werden. Hierzu werden Ökonomen und weniger Juristen benötigt.

Persönliche, soziale und fachliche Kompetenzen

Laut Gesetz muss ein Restrukturierungsbeauftragter „geeignet“ und „geschäftskundig“ sowie von Gläubigern und Schuldner unabhängig sein. Es wird explizit kein Jurist mit Kenntnissen im Insolvenzrecht gefordert; zudem darf das Gericht einen Kandidaten nur dann ablehnen, wenn die Person „offensichtlich ungeeignet“ ist, was nicht im Gesetz nicht näher spezifiziert ist. Es ist erkennbar, dass der Gesetzgeber auch hier die gewollte Trennung zwischen Jahresabschlussprüfung und Beratung verankert hat. Zudem sollten eventuell auch die in der Vergangenheit vereinzelnd erkennbaren wirtschaftlichen Pfründen von etablierten Insolvenzverwaltern nicht noch weiter unterstützt werden. Daher sind die Anforderungen an die Person des Restrukturierungsbeauftragten personenbezogen und NICHT berufsgruppenbezogen!  Zu den persönlichen Fähigkeiten zählen insbesondere folgende Punkte:

  • Unabhängigkeit
  • Berufserfahrung
  • Soziale Kompetenzen
  • Fachliche Kompetenzen
  • Regelmäßige Fortbildungen
  • Netzwerk/Kooperationspartnerschaften

Nur durch die Unabhängigkeit eines Restrukturierungsbeauftragten kann dieser als vermittelnde und überwachende Instanz zwischen Unternehmen und Gericht seine Aufgabe erfolgreich und vertrauensvoll erledigen. Daher dürfen zwischen Schuldner und Restrukturierungsbeauftragtem bestehen keine wechselseitigen Beteiligungsverhältnisse bestehen. Zudem sollten Seitens des Restrukturierungsbeauftragten keine Interessenskonflikte in Bezug auf andere Restrukturierungsfälle, Beratungsmandate, Jahresabschlussarbeiten, Testaten oder anderes bestehen.

Nutzung eines Netzwerkes von Experten zwingend erforderlich

Um einen Restrukturierungsplan, der auch in der praktischen Umsetzung seine Wirkung entfaltet zu gestalten, hat sich ein netzwerk von Spezialisten verschiedenster Disziplinen bewährt. Die Nutzung der Schwarmintelligenz sich ergänzender Fachkenntnisse, die alle durch den Restrukturierungsbeauftragten auf ein Ziel fokussiert sind, führt erfahrungsgemäß zu den besten Ergebnissen.

Juristen im Rahmen des Insolvenzrecht oder Geschäftsmodellexperten im Rahmen des StaRUG ?

Das historisch herleitbare und durch Rechtsprechung laufend ergänzte Insolvenzrecht, dient in erster Linie den Gläubigern zur Durchsetzung ihrer Forderungen. Das erst seit dem 1.1.21 in Kraft getretene Gesetz zum Stabilitäts- und Restrukturierungsrahmen dient hingegen dem Ziel Unternehmen und damit Arbeitsplätzte zu erhalten. Damit verändert sich der Fokus von Verwalten zu einem aktiven Gestalten.

Optionen für Sanierungen und Restrukturierungen

Die Unterschiede zwischen einem Restrukturierungsplan, den ein Restrukturierungsbeauftragter erstellt sind im Vergleich zu IDW S2- / IDW S6 -Gutachten wesentlich.

FAZIT: Gut gemeint ist meist nicht gut gemacht

Zum Ersten sind die Manager, die den Unternehmenskarren in den Dreck gefahren, sind meist bei allem guten Willen, nicht in der Lage die eigenen Fehler kritisch zu reflektieren und den Unternehmenskarren wieder aus dem Dreck zu ziehen.

Zum Zweiten sind in Verbindung mit der Insolvenzordnung zumeist Fach-Anwälte gefragt und notwendig die Insolvenz zu begleiten und zu verhandeln. Die Insolvenzanwälte haben bei Insolvenzen den Suchtz des Eigentums der Gläubiger im Fokus.

Zum Dritten ist mit dem StaRUG eine gesetzliche Möglichkeit zum Sanieren und Retten von -Unternehmen erschaffen worden. Mit der Zielsetzung die bestehenden Arbeitsplätze zu sichern und notwendige Restrukturierungen und Sanierungen umzusetzen. Hier zu soll ein Restrukturierungsplan zu erstellen und die Umsetzung von einem Restrukturierungsbeauftragen zu begleiten.

Zum Vierten kommt mit dem StaRUG eine neue Dynamik in den Bereich der Krisen- und Insolvenzbewältigung, welches die Szene nachhaltig verändern wird. Diese Dynamik wird sich vollentfachen mit dem Ende der eingeschränkten Insolvenzausweisung, die im Rahmen der Corona-Maßnahmen eingeführt wurde.

Zum Fünften ist die Hoffnung, dass einige der heutigen „Zombiefirmen“ mit dem StaRUG zurück in gesunde Firmen saniert werden und somit ökonomische Lieferketten, Strukturen und Arbeitsplätze stützt.

 

Die Inhalte der Artikel-Serie 1-5 StaRUG sind auf der Seite der Geschäftsmodell-Werkstatt in Form eines E-Books zusammengefasst, welches kostenfrei heruntergeladen werden kann.

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Matthias Achim Teichert
Über
Matthias Achim Teichert
Matthias Achim Teichert ist Co-Founder und Partner der Think-Tank-Beratungsgesellschaft #FORTSCHRITT. Schwerpunkte sind Digitalisierung, Expansion, Strategie, Innovation und Startup.
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