Mit den Vorschlägen zur Reform der Nachhaltigkeitsanforderungen für Unternehmen u.a. der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive), zielt die EU-Kommission darauf ab, das Nachhaltigkeitsreporting zu vereinfachen und bürokratische Hürden abzubauen. Das sog. Omnibus-Verfahren ist eine Reaktion auf die Komplexität in der praktischen Umsetzung, die viele Unternehmen nicht in dem anfänglich angedachten Zeitrahmen bewerkstelligen konnten. Zum einen sollen nun etwa 80 Prozent der bisher berichtspflichtigen Unternehmen künftig nicht mehr unter die CSRD fallen und zum anderen ist eine deutliche Reduzierung des Umfangs an Daten vorgesehen, die nach den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) erhoben werden müssen.
Hingegen bleibt für Banken die 8. Fassung der MaRisk vom 29. Mai 2024 (Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Banken) und Basel III (Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht: int. Regelungsrahmen zur Stärkung der Eigenkapital und Liquiditätsanforderungen von Banken) bestehen. Das bedeutet, dass sie nicht von ihren Anforderungen befreit werden, die Bonität und Nachhaltigkeit ihrer Firmenkunden zu prüfen und in ihre Risikobewertung einzubeziehen. Folglich ist ihr Bedarf an umfassenden Nachhaltigkeitsinformationen weiterhin hoch. Die EBA (Europäischen Bankenaufsicht) hat am 09.01.2025 die finalen Leitlinien zum Management von ESG-Risiken veröffentlicht, die ab dem 11.02.2026 anzuwenden sind.
Der Entscheidung über die zeitliche Verschiebung der Berichtspflichten nach CSRD für Unternehmen der sog. zweiten Welle (Berichtspflicht gem. CSRD für am oder nach dem 1. Januar 2025 beginnende Geschäftsjahre) und dritten Welle (Berichtspflicht gem. CSRD für am oder nach dem 1. Januar 2026 beginnende Geschäftsjahre) („Stop-the-clock“) folgte die inhaltliche Entscheidung über die Verschiebung. Dies ist eine der größten Anpassungen und Vereinfachungen der Nachhaltigkeitsberichtspflichten der letzten Jahre innerhalb der EU. Im Detail gestaltet es sich wie folgt:
Das bedeutet, dass die “alte” Vorgabe für große Unternehmen, eine nichtfinanziellen Erklärung nach CSR-RUG aufzustellen, zunächst bestehen bleibt. Geschäftsführungen stehen hingegen nun vor der Entscheidung, ob sie
Veröffentlicht kann dieser im oder außerhalb des Lageberichtes. Zudem besteht, anders als nach CSRD, keine inhaltliche Prüfungspflicht (qualifizierte Prüfung) durch einen Wirtschaftsprüfer. Solch eine Prüfung kann lediglich zur Vorbereitung auf die kommende Prüfungspflicht freiwillig vereinbart werden. Bis dato wird die Auslegung der Vorgaben unterschiedlich erfolgen, sodass für die Berichtssaison 2024 mit einer heterogenen Umsetzung der Vorgaben zur Dokumentation der Nachhaltigkeit von Unternehmen zu rechnen ist.
Finanzinstitute hingegen müssen im Kreditprozess detailliert und umfangreich nachhaltigkeitsbezogene Daten erheben, um die ESG-Konformität ihres Portfolios zu beurteilen. Durch das Omnibus-Verfahren wird der CSRD-Anwendungsbereich in Bezug auf Unternehmen (und potenzielle Kreditnehmer) verkleinert, was wiederum das Datenpunkte-Set reduziert. Das bedeutet auch, dass folglich den Kreditinstituten wichtige Risiko-Informationsquellen entfallen, auf die sie ihre Risikosteuerung aufsetzen müssen.
Diese Vorschriften bzw. Vorgaben das regulatorische Fundament in Deutschland für ein umfassendes Risikomanagement in Banken und ist entscheidend für deren aufsichtliche Beurteilung durch die Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht).
Er wurde als Reaktion auf die Finanzkrise 2007/2008 vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht entwickelt. Die wichtigsten Ziele von Basel III sind die Verbesserung der weltweiten Finanzstabilität, die Erhöhung der Krisenresistenz von Banken sowie die Stärkung des Vertrauens in das Bankensystem. Dies soll durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
Zusammenfassend sollen die Regelungen, die in Basel III definiert sind, dazu dienen, ein international robusteres Bankensystem sicherzustellen, das besser gegen Schocks gewappnet ist durch mehr Eigenkapital, weniger Risiko und besserer Liquidität. Es bildet das Grundgerüst, auf dem alle nachfolgenden Anforderungen bezüglich der Nachhaltigkeitsdaten aufbauen.
Darüber hinaus sind sie Teil der umfassenden EU Sustainable Finance Strategy und richten sich nach Vorgaben wie dem EU-Aktionsplan für nachhaltiges Wachstum und der EU-Taxonomie. Sie bilden einen aufsichtsrechtlichen Rahmen, der Finanzinstitute dazu verpflichtet ESG-Risiken (Themen aus Umwelt, Soziales und Unternehmensführung), systematisch in ihr Risikomanagement zu integrieren. Banken sollen so ESG-Risiken frühzeitig erkennen, bewerten und steuern, also aktiv managen und steuern. Die Umsetzung gestaltet sich wie folgt:
Sie ist Teil der Umsetzung der internationalen Basel III-Regeln auf EU-Ebene und wurde erstmals 2013 erlassen (CRR I) und seither mehrfach überarbeitet (zuletzt mit CRR II und CRR III). Auch sie soll die Stabilität des Finanzsystems sichern, indem einheitliche und verbindliche Regeln für Eigenkapital, Liquidität und Risikomanagement von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen eingehalten werden müssen. Zusammenfassend sorgt die CRR für ein einheitliches und robustes aufsichtsrechtliches Fundament mit dem Ziel, Risiken zu begrenzen und Krisenresistenz der Banken durch folgende Anforderungen zu stärken:
Es konkretisiert die Anforderungen des Kreditwesengesetzes (KWG) an das Risikomanagement von Banken und Finanzdienstleistern. Auch die MaRisk sollen die Stabilität des Finanzsystems fördern, indem von Finanzinstituten ein solides, umfassendes und wirksames Risikomanagementsystem gefordert wird. Die wesentliche Inhalte bestehen aus 6 Aspekten:
Es wurde erstmals im Dezember 2019 veröffentlicht und richtet sich an Banken, Versicherungen, Kapitalverwaltungsgesellschaften sowie andere Finanzdienstleister. Das Merkblatt verfolgt das Ziel, die Bedeutung von Nachhaltigkeitsrisiken für die Finanzstabilität hervorzuheben und Finanzunternehmen bei der Identifikation, Bewertung und Steuerung dieser Risiken zu unterstützen. Es betont, dass Nachhaltigkeitsrisiken keine eigene Risikokategorie darstellen, sondern bestehende Risikoarten wie Kredit-, Markt-, Liquiditäts- und operationelle Risiken beeinflussen können. Folgendes sind die wesentlichen Inhalte:
Obwohl das Merkblatt keinen verbindlichen Rechtscharakter hat, stellt es klare Erwartungen der BaFin dar. Finanzunternehmen sollten daher ihre internen Prozesse überprüfen und gegebenenfalls anpassen, um den Anforderungen gerecht zu werden und langfristige Risiken zu minimieren.
Die doppelte Proportionalität bei ESG-Risiken ist ein Konzept aus dem Bankenaufsichtsrecht, das zwei Ebenen der Verhältnismäßigkeit (Proportionalität) bei der Integration von ESG-Risiken berücksichtigt. Es soll sicherstellen, dass Nachhaltigkeitsrisiken angemessen in das Risikomanagement von Instituten eingebunden werden, um einen angemessenen, praxisnahen Umgang mit ESG-Risiken zu fördern. Dabei ist zu unterscheiden:
Finanzinstitute benötigen aufgrund der fünf dargestellten Vorschriften und Vorgaben zukünftig Nachhaltigkeitsdaten von Kreditnehmern, „Omnibus“ hin oder her. Grundsätzlich kommen dafür drei Umsetzungswege infrage:
Erstens: Die Erhebung der ESG-Daten direkt bei den Kunden im Rahmen der Kreditvergabe. Diese Lösung liegt nahe, bringt jedoch erhebliche Zusatzaufwände mit sich. Dies setzt spezialisiertes Know-how bei den Mitarbeitenden voraus und erfordert Investitionen in Personal und Schulung. Hinzu kommt, dass viele Kunden, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, oft nicht über ausreichende Kenntnisse zu ESG-Themen verfügen. Während Fragen zu Umsatz oder Liquidität meist problemlos beantwortet werden können, fehlen bei Themen wie Treibhausgasemissionen oder Gender-Pay-Gap und einer an den SDGs orientierten Geschäftsstrategie häufig belastbare Angaben.
Zweitens: Warten auf eine einheitlichen ESG-Dateninfrastruktur auf europäischer Ebene. Ein Vorbild könnte Österreich sein, wo im staatlichen Auftrag ein zentraler ESG-Datenpool eingerichtet wurde. Unternehmen können dort ihre Daten hochladen und entscheiden, welche Banken Zugriff erhalten. Die Institute wiederum zahlen für die Nutzung eine Gebühr. Allerdings ist es um die Pläne der EU für einen solchen Datenpool zuletzt ruhig geworden und eine konkrete Umsetzung ist derzeit ungewiss. Zudem bleibt bei diesem Konstrukt die unternehmenseigene Datensouveränität ungeklärt. Wem gehören die gesammelten und gespeicherten Daten?
Drittens: Die Zusammenarbeit mit externen ESG-Datenanbietern. Unternehmen wie OpenESG GmbH oder Schufa Holding AG und weitere spezialisierte Anbieter, teilweise auch noch in Gründung, bieten Lösungen an, um ESG-Daten strukturiert für Banken zu erfassen und bereitzustellen. Diese Variante könnten Finanzinstitute effektiv entlasten und eine gewisse Standardisierung ermöglichen. Jedoch ist dabei die informelle Selbstbestimmung auch in Bezug auf die Nachhaltigkeitsdaten der Unternehmen zu beachten. Eine Leitlinie gibt dabei die Digitalstrategie der Bundesregierung vor. Auch bei diesen Umsetzungswegen bleibt bis dato die unternehmenseigene Datensouveränität ungeklärt. Wem gehören die gesammelten und gespeicherten Daten?
Am praktikabelsten erscheint aktuell der dritte Lösungsweg: ESG-Daten durch spezialisierte Servicepartner erheben zu lassen, die sich an den Anforderungen der Banken und der Datenhoheit der Unternehmen orientieren.
Trotz der aktuell diskutierten Vorteile durch eine potenzielle Verschiebung und Vereinfachung der ESG-Berichtspflicht, bedeutet dies nicht, dass diese für große und mittelständische Unternehmen unbedingt eine Erleichterung darstellt. Nachhaltigkeitsdaten gewinnen früher oder später aufgrund folgender Argumente an Relevanz, entweder durch Anforderungen von Seiten des Gesetzgebers, der Öffentlichkeit oder der Kreditgeber.
Finanzinstitute werden weiterhin zur Umsetzung der Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsrisiken im Kreditgeschäft getrieben. Unternehmen sind gut beraten, eine valide Dokumentation ihrer Nachhaltigkeit voranzutreiben und dabei die eigene Datenhoheit stets im Fokus zu behalten.