Virtuelle Meetings – Mehr Frust als Lust?

Virtuelle Meetings – Mehr Frust als Lust?

 
11. Mai 2020

Viele Manager haben schon in der analogen Welt ihre Hausaufgaben zur Meeting-Kultur nicht gemacht! Wie soll dieses jetzt in virtuellen Meetings gelingen? Mit einer Meeting-Kultur 4.0 kann es ein Erfolg werden.

Was geht Ihnen spontan durch den Kopf, wenn Sie an ihre letzten virtuellen Meetings denken? Spüren Sie dabei auch mehr Frust als Lust? Haben auch Sie das Gefühl, daß ein Meeting im virtuellen Raum ebenso unproduktiv ist wie in Besprechungsräumen? Machen Sie aktuell auch die Erfahrung, dass virtuelle Meetings ebenso wenig klare Entscheidungen herbeiführen und nicht die gewünschten Effekte erzielen wie althergebrachte Präsenzmeetings?

Damit stehen Sie nicht allein… Doch beruhigen oder gar entschuldigen kann das nicht! Aus meiner Erfahrung in virtuellen Räumen – egal ob einem Meeting, einer Webkonferenz oder einem Webinar – möchte ich mit Ihnen einen Blick auf die typischen Meeting-Fehler werfen und Ihnen Ideen an die Hand geben, wie virtuellen Meetings optimieren werden und so sehr schnell zu besseren Ergebnissen führen.

Die Hauptursache für den Frust in der virtuellen Welt liegt darin, dass die wenigsten Führungskräfte ihre Hausaufgaben in der analogen Welt gemacht haben und in der Lage sind, Besprechungen und Meetings zum Erfolg zu führen. Über diese Defizite ist hinreichend viel geforscht und geschrieben worden. Es geht in einigen Unternehmen soweit, dass sie „No-Meeting“-Tage eingerichtet haben, um ihren Mitarbeitenden die Chance zu geben, ihre Arbeit zu tun, ohne in den Konferenzraum verschleppt zu werden. (vgl. Steven Rogelberg, The Surprising Science of Meetings) Wie absurd ist das denn!?

Meeting-Kultur klassisch – Die TOP 10 der Fehler in Meetings

Viele Führungskräfte begehen immer wieder dieselben Fehler in Meetings. Meine 10 Favoriten sind:

  1. Keine oder nur unzureichende Vorbereitung auf das Meeting
  2. Keine klare Zielsetzung und Agenda
  3. Keine Priorisierung der Themen und Zeiteinteilung
  4. Es werden Teilnehmer eingeladen, die keinen Beitrag leisten
  5. Keiner übernimmt abgestimmt die Moderation des Meetings
  6. Es gibt keinen „Check In“, sondern es beginnt gleich mit Punkt 1. der Agenda
  7. Meetings haben keine klar vereinbarten „Spielregeln“
  8. Teilnehmer schalten ab und/oder kümmern sich um ihre Emails
  9. Der Moderator hält nicht die Spur und lässt Nebenthemen zu
  10. Kein Protokoll und kein „Check Out“ mit klaren Vereinbarungen und Verantwortlichkeiten

Meeting-Kultur 4.0 – so könnte es klappen!

So weit – so schlecht! Doch was können Sie ganz konkret tun und wie gehen Sie dabei am besten vor? Nun, aus meiner Erfahrung heraus ist es zwar einfach, aber leider nicht leicht! Denn eine „historisch gewachsene“ Besprechungskultur lässt sich nicht einfach auf Knopfdruck verändern und wird womöglich viel Widerstand leisten. Hier ist die aktuelle Situation in der Zeit der Corona-Krise sicherlich von Vorteil…

Doch was es in jedem Fall Ihrerseits braucht, ist Mut – den Mut zur Veränderung! Denn Sie können sicher sein, nicht alle Kollegen werden begeistert auf ihre Veränderungsvorschläge reagieren, wenn ihre alten Rituale und Gewohnheiten in Meetings kritisch hinterfragt werden und sie auf einmal Ergebnisverantwortung übernehmen sollen und ihre Konfliktfähigkeit auf die Probe gestellt wird. Doch Sie werden es erleben, daß eine detaillierte, professionelle Vorbereitung und Durchführung eines Meetings – egal ob analog oder digital – einen enormen Nutzen stiftet! Zum einen liegt dieser in einem Gewinn an Zeit und zum anderen in der Steigerung der Effektivität der Teamperformance.

  1. Betrachten Sie ein Meeting wie ein Projekt, dass durch drei wesentliche Dimensionen bestimmt wird: Teilnehmende Personen,
  2. Kontext der Zusammenarbeit sowie
  3. Kultur der Zusammenarbeit.
Ein Meeting kann wie ein Projekt verstanden werden

Meetings werden wie Projekte durch drei wesentliche Dimensionen bestimmt.

10 Punkte für erfolgreiche Meetings

Wenn Sie die folgenden 10 Punkte in Zukunft beachten, sollte es Ihnen gelingen die Qualität ihrer Meetings zu steigern und bereits kurzfristig erste „QuickWins“ zu realisieren. Kleiner Tipp aus meiner Erfahrung – suchen und organisieren Sie sich „Verbündete“, die Ihnen in dieser ersten Phase der Veränderung unterstützend zur Seite stehen.

1. Bereiten Sie sich auf das Meeting vor!

Klingt trivial – ist es aber leider für viele von uns nicht. Dazu gehört es, sich hinreichend Zeit zu blockieren, um das Meeting präzise vorzubereiten. Das schlägt sich direkt im Ergebnis des Meetings nieder. Neben den klassischen „to dos“ in der Vorbereitung auf ein Meeting wie das definieren eines Ziels zusammen mit einem Nutzenversprechen, der Bereitstellung von Zahlen, Daten und Fakten und der Aufforderung an die Teilnehmer, sich mit ihren Beiträgen ebenso auf das Meeting gezielt vorzubereiten, gehört es in der virtuellen Welt auch dazu, die technischen Voraussetzungen in den Blick zu nehmen. Ist sichergestellt, dass alle Teilnehmer in gleichem Maß partizipieren können und mit Technik und Software vertraut sind?

2. Formulieren und artikulieren Sie ein präzises Ziel und ein Nutzenversprechen!

Stellen Sie sich die Frage, was genau am Ende des Meetings erreicht werden soll und kommunizieren Sie dieses Ziel zusammen mit dem Nutzenversprechen ihrer Mitarbeiter! So lenken Sie das Meeting durch ein bewusstes „Priming“ in die richtige Richtung.

3. Fertigen Sie eine Agenda an!

Kein Meeting ohne Agenda! Neben der Zielformulierung und dem Nutzenversprechen geben Sie den Teilnehmern mit der Agenda den dritten wichtigen Einflussfaktor für den Erfolg eines Meetings: Orientierung. Die Agenda, rechtzeitig verschickt, sorgt mit dafür, dass sich die Teilnehmer entsprechend vorbereiten können. Folgendes sollte in der Einladung deutlich werden:

  • Ziel
  • Vorgehen / Zeit
  • Rahmenbedingungen

4. Laden Sie die richtigen Teilnehmer ein!

Viele Untersuchungen der Unternehmenspraxis haben gezeigt, dass sich Teilnehmer häufig hinterher darüber beschweren, sinnlose Zeit in einem Meeting verbracht zu haben, weil von ihnen kein Beitrag gefordert oder erwartet wurde. Der Grundsatz lautet: So viele Teilnehmer wie nötig – so wenig wie möglich.

5. Bestimmen Sie einen Moderator!

Es nicht immer einfach, Emotionen und Einwände von Teilnehmern zu steuern und beim Thema zu bleiben. Ein Moderator hat in seiner Rolle „qua definitionem“ das Recht und die Pflicht, das Meeting zielorientiert zu lenken und zeitraubende Endlosdiskussionen zu unterbinden. Sie in ihrer Rolle als Führungskraft können auch diese Rolle übernehmen – müssen Sie aber nicht! Aus verschiedenen Gründen kann es sinnvoll sein, diese beiden Rollen im Meeting zu trennen.

6. „Check In“ und „Socializing“ – Denn „Small Talk is Big Talk”

Zu Beginn des Meetings sollte klar kommuniziert werden, wieviel Zeit wofür zur Verfügung steht. Dazu gehört es auch, den Teilnehmern Zeit und Raum für den „Small Talk“ zu geben. Richten Sie sich hier nach Ihrer vorher angefertigten Agenda. Zudem klären Sie eindeutig vor dem Meeting, wie mit Einwänden und Rückfragen umgegangen werden soll. Dazu gehört beispielsweise die Aufforderung, sich aufkommende Fragen zu notieren, die zu einem späteren, explizit festgesetzten Zeitpunkt gestellt werden können. Legen Sie schon in der Agenda fest, wieviel Redezeit die Teilnehmer haben.

7. Vereinbaren Sie „Spielregeln“

Sprich mögliche Störquellen wie verspätet ins Meeting kommen, klingelnde Handys, Arbeit am eigenen Laptop und auch geistige Abwesenheit gezielt an und vereinbaren Sie zusammen mit ihren Mitarbeitenden dazu passende Spielregeln.

8. Halten Sie die Spur!

Sobald Sie merken, dass Teilnehmer in der Diskussion abschweifen oder abschalten, von Höckchen aufs Stöckchen kommen oder in Details abrutschen, nehmen Sie ihre Rolle als Moderator ernst und weisen Sie freundlich aber bestimmend darauf hin, doch bitte auf den Punkt zu kommen. Begründen Sie dieses mit dem begrenzten Zeitrahmen und der Zielvorgabe. Klappt bestimmt!

9. Sorgen Sie für ein klares Ergebnis!

Plane Sie zum Ende eines Meetings Zeit ein, um über ein Ergebnis zu reflektieren und Feedback einzuholen und auch zu geben. Ergebnisse sind stets mit einer klaren Verantwortlichkeit zu unterlegen und mit präzisen, verbindlichen Daten zu untersetzen: WER macht WAS/WIEVIEL bis WANN. Und WER überprüft?

10. Lassen Sie ein Protokoll schreiben!

Es ist lästig – ich weiß! Protokolle zu schreiben gehört auch nicht zu meinen bevorzugten Tätigkeiten. Doch gerade bei wichtigen Meetings merke ich immer wieder, das es von Vorteil ist, die Vereinbarungen schriftlich zu fixieren. Nur so haben alle Teilenehmenden stets die Möglichkeit, die Ergebnisse nachzulesen. Sie müssen es ja nicht selber schreiben. Bestimmen Sie einfach einen Protokollanten zu Beginn des Meetings.

Führen heißt Vorleben – auch in der virtuellen Welt

Einfluss haben wir de facto nur auf uns selbst. Wir können eine Veränderung nur in die Welt bringen, indem wir uns selber verändern. Sie können es ab sofort beeinflussen, wie Sie ihre Meetings entsprechend gestalten. Von dem Moment an, wo ihr Vorgehen eine positive Wirkung zeigt, werden auch ihre Kollegen und Mitarbeitenden beeinflusst und das Neue greif Raum…

Wie sagte kürzlich unser Bundespräsident: „Die Welt danach wird eine andere sein!“

In diesem Sinne lade ich Sie von ganzen Herzen ein, „historisch gewachsene“ Rituale und Gewohnheiten zu hinterfragen, auf den Prüfstand zu stellen und mit neuen Mustern zu experimentieren. Auf Deinem Weg wünsche ich Ihnen viel Erfolg und stehe Ihnen gerne mit Rat & Tat zur Seite!

Be The Change!

..
HansJörg Schumacher
Über
HansJörg Schumacher
HansJörg Schumacher ist Inhaber von SCHUMACHER Organisationsdesign 4.0 und geschäftsführender Gesellschafter der roloff & schumacher gmbh. Seit 25 Jahren arbeitet er als Berater, Trainer und Coach. Zu seinen Kernthemen gehören neben agiler Team- und Unternehmensführung, Führungskräfteentwicklung, Change Management, Executive Coaching auf dem Weg hin in die Arbeitswelten 4.0. Gearbeitet hat er bereits für Auftraggeber wie die Daimler AG, HSBC Bank, Generali Versicherung oder die RWE AG.
Alle Beiträge von HansJörg Schumacher