Es ist eine unabdingbare Perspektive, eine umweltfreundliche, klimaneutrale und sozialverträgliche Gesellschaft und Wirtschaft zu gestalten, mit der auch die nächste Generation noch Leben kann und mag. Dabei müssen alle Lebens- und Arbeitsbereiche betrachtet werden. Dazu gehört auch der Blick in die Beziehung des Unternehmens oder der Organisation zur Gemeinschaft, die Übernahme von Verantwortung und Fürsorge für alle, die an der Wertschöpfung beteiligt sind.
Im Rahmen des Vorhabens SINA – „Soziale Innovationen für Nachhaltigkeit“ arbeitet Yunus Environment Hub im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) im gemeinsamen Austausch mit Expert:innen an der Entwicklung politischer Handlungsempfehlungen zur Förderung Sozialer Innovationen. Damit soll die gesellschaftliche Nachhaltigkeitstransformation in Deutschland vorangetrieben werden.
Die nationale Strategie zur Förderung Sozialer Innovation ist Teil einer gesamtgesellschaftlichen Nachhaltigkeitstransformation zur Erreichung der Klimaziele. Diese wurde im Koalitionsvertrag der (neuen) Bundesregierung verankert und wird aktuell ausgearbeitet. Die Ergebnisse und Impulse des SINA-Vorhabens fließen in diese nationale Strategie ein.
Soziale Innovationen können im Kontext von unterschiedlichen Unternehmen und Organisation entstehen und sind abhängig von der Mission, der Zielgruppe und der Form, den die unterschiedlichen Akteure anstreben. Dabei gibt es drei Dimensionen Sozialer Innovationen, die im Rahmen des SINA-Vorhabens zur Typologisierung von Sozialen Innovationen entwickelt wurden.
Stark formalisierte Soziale Innovationen existieren zum Beispiel in Form von registrierten Organisationen mit formell definierter Kund:innen-Beziehung und langfristiger strategischer Ausrichtung am Markt (z.B. etablierte Sozialunternehmen). Beispiele für gering formalisierte Soziale Innovationen sind Projekte oder Bewegungen mit hoher Eigeninitiative der Nutzer:innen und undefinierten Verantwortlichkeiten (z.B. lokale Sharing-Initiativen oder Gemeinschaftsgärten auf Nachbarschaftsebene).
Im Nachhaltigkeitskontext des SINA-Vorhabens verfolgen alle Sozialen Innovationen ein klar definiertes sozial-ökologisches Ziel. Manche Soziale Innovationen entfalten eine sehr hohe Wirksamkeit bezüglich einzelner Nachhaltigkeitskriterien, während andere (noch) sehr punktuell bzw. lokal wirken.
Eine effiziente und überregionale Skalierbarkeit, eine breite Akzeptanz auf Seiten der Nutzer:innen und der entsprechende politisch-rechtliche Nährboden sorgen für ein hohes Wirkungspotenzial einzelner Sozialer Innovationen.
„Grüne“ Sozialunternehmen fördern beispielsweise die Vermeidung von Lebensmittelabfällen (Too Good To Go), entwickeln umweltfreundliche Produktalternativen (HALM), treiben ein nachhaltiges Finanzwesen voran (Tomorrow) oder bieten Unternehmen neue Wege der CO2-Reduktion und -Kompensation (KlimaKarl). Andere Soziale Innovationen entstehen wiederum in Form von lokalen Landwirtschaftskooperativen (WirGarten), Energiegenossenschaften (Bündnis Bürgenergie) oder durch Plattformen, die die Wiederverwendung von Baumaterialien ermöglichen (Concular). Auch in bestehenden Unternehmen und Industrien finden sich Soziale Innovationen und bieten neue Lösungen für Herausforderungen, die sich aus dem Klimawandel und dem Bedarf einer Nachhaltigkeitstransformation ergeben. Zu letzteren zählen zum Beispiel Car-Sharing Angebote von Elektroautos (My-E-Car), aber auch neue Dialogformate unterschiedlicher Akteure, die die Sozialverträglichkeit von Veränderungsprozessen sicherstellen (Transformationsrat Rhein-land-Pfalz).
Damit kreative Ideen, Geschäftsmodelle und Initiativen im Kontext der Sozialen Innovation ihre positive Wirkung als Treiber einer gesellschaftlichen Nachhaltigkeitstransformation in Deutschland nicht nur im Rahmen eines Leuchtturmprojektes oder auf lokal begrenzter Ebene entfalten, ist ihre jeweilige Verbreitung entscheidend. Neue adäquate Rechtsformen und angemessene administrative Anforderungen bilden neben weiteren Faktoren die Grundlage für die Verbreitung Sozialer Innovationen. Andere Länder wie Großbritannien und Portugal sind da bereits weiter als Deutschland, wo der Fokus aktuell noch sehr auf der Förderung technologischer Innovation liegt. SINA arbeitet an politischen Handlungsempfehlungen zu folgenden Themenfeldern:
Neben adäquaten Finanzierungsinstrumenten für Soziale Innovationen mangelt es vielen relevanten Entscheidungsträger:innen am Bewusstsein für Soziale Innovationen und deren Wirkungspotenzial.
Eine Soziale Innovation, die auf ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Ebenen zugleich wirkt, benötigt eine entsprechend mehrdimensionale Betrachtungsweise.
Rechtliche und politische Rahmenbedingungen umfassen z.B. aktuelle Gesetzgebungen in den verschiedenen umwelt- und klimaspezifischen Sektoren, branchenbezogene Regularien wie Arbeitssicherheit, Lebensmittelverordnungen oder Energiewirtschaftsregelungen, Verbraucher- und Datenschutz sowie Rechtsformen von Organisationen.
Wie in allen Gesellschaftsbereichen, basieren auch Soziale Innovationen im Nachhaltigkeitsbereich häufig auf technologischen Entwicklungen und der entsprechenden technologischen Infrastruktur.
Soziale Innovationen, die aus bestehenden Industrien und Organisationen heraus entstehen, können einen signifikanten Beitrag zur Beschäftigungssicherung und zur Sozialverträglichkeit von Veränderungsprozessen leisten.
Für eine effektive Skalierung und Expansion benötigen Soziale Innovationen häufig andere Maßnahmen und Instrumente als herkömmliche Geschäftsideen oder Unternehmen.
Soziale Innovationen unterliegen als Treiber einer gesamtgesellschaftlichen Nachhaltigkeitstransformation gleichzeitig auch immer systemischen Rahmenbedingungen, zu denen sie wechselseitig in Beziehung stehen.
Der aktuelle Fokus auf Fakten wie z.B. der Treibhausgasmessung ignoriert einen Aspekt des aktuellen kulturellen Wandels. Ein Transformationsprozess erlaubt das Aufbrechen überholter und nicht wirksamer Strukturen. Wenn dieser nachhaltig im Sinne einer positiven Fortführungsprognose sein soll, dann müssen die drei Säulen Ökologie, Ökonomie und Soziales gleichzeitig und gleichberechtigt umgesetzt werden.
Im Austausch über und dem Ausbilden eines neuen Verständnisses von sozialer Interaktion liegt das Potenzial unterschiedliche Akteure zusammenzubringen, um gemeinsam aktiv zu werden. Kommunikation ist dabei ein entscheidender Faktor, um die richtige Form der Sozialen Innovation auch für das eigene Unternehmen oder die Organisation zu entwickeln. Das hilft nicht nur dabei Arbeitnehmende zu erhalten und zu gewinnen, sondern im Rahmen der anstehenden Regulatorik, eine starke Position in der Lieferkette und gegenüber Kapitalgebern zu etablieren.
Mit welchen spezifischen Hürden sich etablierte und entstehende Soziale Innovationen in Deutschland konfrontiert sehen und welche Unterstützungs- und Fördermaßnahmen Abhilfe schaffen können, um das Wirkungspotenzial Sozialer Innovationen zu steigern, wird im Rahmen des Vorhabens „SINA – Soziale Innovationen für Nachhaltigkeit“ im Auftrag des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) durch Yunus Environment Hub erforscht. Einen ersten Überblick über Hürden und Maßnahmenindikationen bieten das SINA Fact Sheet und der Leitartikel zu Sozialen Innovationen. Weitere Informationen zum SINA-Vorhaben finden Sie unter si-na.org.