Digitalisierungs-Audit: Lernen aus Energie-Audits

Digitalisierungs-Audit: Lernen aus Energie-Audits

 
25. März 2019

Mit der Elektrifizierung sind wir aufgewachsen, in die Digitalisierung wachsen viele erst hinein. Die Umsetzung und Nutzung der Digitalisierung wird so selbstverständlich wie die Nutzung von Elektrizität werden. Die Frage ist nur wann und von wem?

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Elektrifizierung und Digitalisierung? „Die Elektrifizierung nutzen wir selbstverständlich und über die Digitalisierung reden wir viel ohne wirklich umzusetzen,“ so ein Zitat eines Mittelständlers.

Offensichtlich gelingt einigen Unternehmen die notwendige digitale Transformation sehr erfolgreich, anderen dagegen nicht. Aktuell wirken so manche Branche und manches Unternehmen in reifen und gesättigten Märkten noch wie Dinosaurier, wenn es um Digitalisierung geht. Man ruht sich auf guten Kundenreichweiten und sehr guten Kundenzufriedenheitswerten aus. Gerne wird dabei vergessen, dass sich diese Ergebnisse auf die Vergangenheit beziehen und keine Aussagen über die zukünftigen Marktveränderungen zulassen. Was aber sind die entscheidenden Erfolgsfaktoren eines digitalen Transformationsprozesses und wie geht man am besten vor?

Bewährtes und neues muss vereint werden

Eine erfolgreiche Strategie benötigt beides: Prozess-und Kosten-Sicherheit im Basis-Geschäft (Brot und Butter-Geschäft) und Kultur- und Kreativitäts-Sicherheit bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle!

Eine offizielle Richtschnur zur Vorgehensweise gibt es nicht, jedoch Vorbilder aus anderen Bereichen, so z. B. bei der Realisierung der Energiewende in Unternehmen. Um Energieeinsparpotenziale in Unternehmen aufzuspüren und umzusetzen, existiert das in einer DIN-Norm europaweite festgeschriebene Instrument der Energieaudits (DIN EN 16247-1). Diese Vorgaben lassen sich für ein entsprechendes Digitalisierungs-Audit heranziehen, das auf folgenden Schritten basiert:

  • Festlegung des Ziels und des Umfangs des Audits,
  • Datenerfassung,
  • Analyse der Ist-Situation,
  • Herausarbeiten der notwendigen Maßnahmen zur Realisierung der Ziele.

Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die zu betrachtenden Faktoren im Vergleich zu einem Energieaudit wesentlich vielfältiger und multidimensionaler sind. Der Weg vom analogen zum digitalen Unternehmen in all seinen Aspekten gelingt nur, wenn man dafür einen ganzheitlichen, holistischen Ansatz wählt. Dabei müssen Aspekte wie beispielsweise die Änderungen der Kundenwünsche, Ablaufprozesse, grundsätzliche Marktveränderungen, die Chancen, die Big Data bieten, Innovationen durch neue Wettbewerber und ein Kulturwandel in der Gesellschaft und dem Unternehmen berücksichtigt werden.

Aus dem Ergebnis des Digitalisierungs-Audits lassen sich Handlungsschwerpunkte und Maßnahmenpläne erarbeiten. Es gleicht einer Landkarte, die dem Unternehmen den Weg in die Zukunft zeigt, alle relevanten Chancen und Bedrohungen erfasst und im Kontext abbildet.

Veränderungen müssen in Unternehmen gleich welcher Größe und Branche organisiert und gemanagt werden, damit die Organisation auch unter veränderten Rahmenbedingungen erfolgreich bleibt. Darwin hat bereits mit seiner Evolutionstheorie nachgewiesen, dass Organismen, die sich am schnellsten an veränderte Umweltbedingungen anpassen, am besten überleben.

Evolution lässt sich nicht aufhalten

Die Geschichte zeigt: Evolution lässt sich nicht aufhalten, jedenfalls nicht von Menschenhand. Zumeist gelingt jedoch nicht alles zugleich auf einmal; einige Änderungen brauchen Zeit. Es geht nicht darum, alles, was war, umzuwerfen und komplett neu aufzusetzen. Digitale Transformation ist keine Revolution, sondern eine Evolution. Für jede der im Audit festgestellten Handlungsschritte sollte daher entschieden werden, ob die Entwicklung zunächst weiter beobachtet wird oder ob sofortige Aktionen erforderlich sind. Hierbei spielen unter anderem das Geschäftsfeld und die Marktreife von Produkten eine Rolle. Im nächsten Schritt wird dann für jede der zu treffenden Maßnahmen der sogenannte Transformationshebel (Was ist der Ansatzpunkt und welche neue Technik nutze ich zur Neuorganisation?) herausgearbeitet. Er dient dazu, das Ziel der Maßnahme, beispielsweise die permanente Echtzeit-Kommunikation mit Kunden, umzusetzen.

Faktoren eines Digitalisierungs-Audits

Die Elemente eines Digitalisierungs-Audits sind Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung der Digitalisierung: 10 Faktoren unter 4 Blickwinkeln.

In einem Forschungsprojekt mit mehreren Unternehmen mit Werkbankerfahrung zur Umsetzung der Digitalisierung, also Praktikern, wurden die zehn wesentlichen Erfolgsfaktoren der digitalen Transformation in Unternehmen gleich welcher Größe und welcher Branche herausgearbeitet.

Diese Erfolgsfaktoren wurden dann zur 360-Grad-Erfassung der Ausgangslage unter dem Blickwinkel der vier Auswirkungen der Digitalisierung

  1. Digitaler Kundenzugang
  2. Vernetzung
  3. Digitale Daten
  4. Automatisierung

in Form von Fragelisten vom Management in den befragten Unternehmen bewertet. Dabei zeigt es sich, dass zunächst ein gemeinsames Begriffs- und Wirkungsverständnis im Management geschaffen werden muss, um die Validität der Antworten und der Ergebnisse zu gewährleisten. Im Rahmen der Befragungen erschließen sich zumeist schon viele Impulse und Anregungen im Management.

Klarheit über das wie, wo und was schaffen

Das beste Ergebnis entsteht, wenn neben der „Landkarte der Umsetzung der Digitalisierung“ (Digitalisierungs-Audit) auch eine Veränderung der Denkhaltung „aus der Ob- in eine Wie-Haltung“ gelingt.

Mit einer Klarheit über das WIE („Wo stehen wir und wo wollen wir hin?“) und einer Klarheit über das WAS („was setzten wir in welcher Reihenfolge, mit welchem Zweck und welchem Budget um“) gelingt die digitale Transformation. Genauso wie schon viele andere Transformationsprozesse in unserem Land gelungen sind.

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Dr. Peter Lender
Über
Dr. Peter Lender
Dr. Peter Lender ist geschäftsführender Gesellschafter der DIGUM GmbH, DIN-ISO-zertifizierter Nachhaltigkeitsmanager und Entwickler des DigitalisierungsAudits sowie von zahlreichen Plattformen und Ökosystemen. Als zertifizierter Sanierungsberater (IFUS-Institut) ist er u.a. Mitbegründer der Geschäftsmodell-Werkstatt, sowie der DigitalisierungsAkademie. Zuvor befasste er sich mit dem Aufbau und der Positionierung von Kunden-Service und User Experience im Rahmen der Transformation von Geschäftsmodellen. Er ist Autor von Fachbüchern und Herausgeber des T4Magazins. In Konstanz hat er hat Volkswirtschaft und in Kiel Agrarökonomie studiert und anschließend als Doktor der Agrarwissenschaften promoviert. Er ist außerdem Diplom Bankbetriebswirt (ADG).
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