Covid-19 Lockdown: Zukunftsfähigkeit von Geschäftsmodellen

Covid-19 Lockdown: Zukunftsfähigkeit von Geschäftsmodellen

 
18. Mai 2020

Der aktuelle Covid-19 Lockdown stellt viele Rahmenbedingungen in Frage. Es ist bereits jetzt erkennbar, dass rein analoge und stationäre Geschäftsmodelle keine Zukunftsfähigkeit besitzen. Die Marktspielregeln ändern sich quer durch alle Branchen.

Um eine Lösung für die derzeitigen Herausforderungen zu finden, ist es ratsam zunächst die richtigen Fragen zu stellen. Einige werden im folgenden erörtert.

Ist der Covid-19 Lockdown die Ursache oder nur der Auslöser der derzeitigen wirtschaftlichen Probleme?

Es ist erkennbar, dass der derzeitige Lockdown die seit langem schwelenden Strukturprobleme von Branchen und ganzen Volkswirtschaften ungeschönt zum Vorschein kommen lässt. In vielen Branchen schwelt seit langem eine Strategiekrise. Vor Covid-19 ließ sich einiges noch kaschieren, doch durch sinkende Renditen und angespannte Liquiditätslagen werden die strategischen Versäumnisse nun deutlich.

Notwendige Strukturveränderungen wurden durch die Überversorgung durch die Zentralbanken mit „billigem Geld“ verdeckt und sogar stellenweise verhindert

Als Beispiele seien genannt: Der Einzelhandel mit stationären Kaufhausketten, die Produktion von Bekleidung unter menschenunwürdigen Bedingen mit bis zu acht saisonalen Warenlieferungen, die Automobilindustrie mit fossiler Antriebstechnik, die Tourismusbranche mit immer exotischeren Urlaubszielen und größeren Kreuzfahrtschiffen für den Massentourismus oder die Baubranche, die durch „billiges Geld“ seit über 10 Jahren eine Sonderkonjunktur erlebt und trotzdem am langfristigen und nachhaltigem Bedarf vorbei plant.

All diese Branchen sind früh-, mittel-, oder langfristig oder auch jetzt auf einen Schlag von dem Lockdown betroffen.

Nun ist es eine alte Krisenweisheit, dass Unternehmenskrisen aus drei Phasen bestehen:

  1. Strategiekrise (Warum existiert dieses Unternehmen überhaupt?)
  2. Renditekrise (Leistet das Geschäftsmodell einen wesentlichen und nachhaltigen Beitrag, der zumeist (noch) in Geld bemessen wird?)
  3. Liquiditätskrise (Können jederzeit alle Forderungen unter Beachtung der vereinbarten Zahlungsziele bedient werden?)

Es ist erkennbar, dass sich die derzeitige Krise zuerst noch in der angespannten Liquidität widerspiegelt; gleichwohl liegen die Ursachen tiefer. Die derzeitigen staatlichen Kreditprogramme (“Bazooka“) sind vergleichbar mit dem Bemühen, einen antiquierten und liegengebliebenem PKW mit Motorschaden zum Laufen zu bringen.

Den Tank auf Staatskosten zu füllen kann hier zwar helfen, löst aber das eigentliche Problem nicht. Wenn der Fahrer zudem keinen Führerschein hat und den PKW nicht richtig steuern kann, dann helfen auch ein voller Tank auf Staatskosten und ein von den Kreditgebern reparierter Motor nicht weiter, das Ziel zu erreichen.

Und Covid-19 ist wahrlich nicht das einzige Problem, was aktuell zu lösen ist:

  • Die Staatsverschuldung steigt so hoch, dass diese in vielen Ländern untragbar wird und die Gefahr von Staatsinsolvenzen besteht.
  • Einkommensverluste von Privathaushalten und Verschuldung von Unternehmen führen zu Zahlungsausfällen und Insolvenzen.
  • Die EZB wird die Nullzinsen bzw. Negativzinsen verstetigen,
    um Staatverschuldungen zu reduzieren.
  • Demografie: Die steigenden Gesundheitskosten einer alternden Gesellschaft können durch jüngere Generationen nicht mehr erwirtschaftet werden.
  • Deflation: Flaute auf den Warenmärkten, wegen ungenutzter Maschinekapazitäten und Preiseinbruch bei Rohstoffen und Industriemetallen und Seltenen Erden.
  • Hohe Arbeitslosigkeiten wird zu einem deutlichen Nachfragerückgang und Nachfrageverschiebungen führen.
  • Re-Globalisierung: Um zukünftige Lieferketten zu stabilisieren, werden ausgelagerte Produktionen ins hochpreisige Inland zurückverlagert, was den Trend zur Automatisierung und zum Abbau von Arbeitsplätzen in der Produktion beschleunigt.
  • Protektionismus wird steigen; das trifft eine Volkswirtschaft, die vom Export abhängig ist, besonders.
  • Die Klimakrise ist nach wie vor existent und erfordert Lösungsanstrengungen.
  • Massenarbeitslosigkeit und Inflation haben in der Vergangenheit zu politischen Systemumstürzen geführt.

Wird es „Nach-Corona“ so weiter gehen wie „Vor-Corona“?

„The day after tomorrow?“ – wie werden diese Tage aussehen? Die derzeitige Krise hat sich bereits tief in das kollektive Gedächtnis von Generationen weltweit „eingebrannt“. Bereits heute sind auf Basis von Expertenmeinungen und Meinungsforschern erste Trends für die Post-Covid-19-Phase erkennbar.

Erwartete Post-Corona-Trends in Wirtschaft und Gesellschaft

„The day after Covid-19?“ -wie werden diese Tage aussehen? Bereits heute sind auf Basis von Expertenmeinungen und Meinungsforschern erste Trends für die Post-Covid-19-Phase erkennbar.

Wir werden zukünftig von 3 Phasen sprechen:

  • Vor-Corona
  • Während-Corona
  • Nach-Corona

Zudem ist bereits heute erkennbar, dass viele Entwicklungen und Entscheidungen, die in der aktuellen Krise schnell und ohne große Strategie umgesetzt werden mussten, hilfreich und nützlich sind.

Homeoffice

Das Homeoffice wird bleiben, denn es lässt sich von zu Hause effektiv arbeiten und führen.

Ländlicher Raum

Leben und arbeiten im ländlichen Raum wird organisierbarer und lebenswerter durch eine stabilere Netzabdeckung.

Gleichberechtigung

Gleichberechtigung der Geschlechter wird zunehmen, denn wenn alle von zu Hause arbeiten, wird die Kombination „Kindern und Karriere“ sehr viel beherrschbarer und deutlich normaler; für Frauen und für Männer.

Nutzungskonzepte

Raumnutzung und Gebäudemanagement müssen überdacht werden, denn wozu brauchen wir noch Bürotürme und massive Unternehmenssitze wenn viele von zu Hause arbeiten?

Reisegründe

Geschäftsreisen werden weniger, da Videokonferenzen boomen und allmählich ist auch der letzte Skeptiker überzeugt.

Fuhrpark

Firmenwagen werden weniger bzw. abgeschafft, denn die Millenials achten heute bewusst auf den eigenen CO2-Fußabdruck und auf den ihres Arbeitgebers.

Digitalisierung

Die Digitalisierung legt weiter an Tempo zu und der stationäre, analoge  Handel wird sich weiter verändern. Das Sterben der Niederlassungen oder Filialen wird alle Branchen treffen; Schlüsseltechnologien wie z.B. 3D-Druck werden massenfähig.

Kompetenzen

Digitale Kompetenz wird zum Basiswissen; wie Schreiben, Lesen, Rechnen.

Urbane Transformation

Die Innenstädte verändern sich, Bürotürme werden zu Wohnraum umgewidmet, der Individualverkehr nimmt ab. Parkplätze können zu Grünflächen und Spielplätzen umgestaltet werden.

Kapital

Das verfügbare Einkommen wird im Durchschnitt geringer, denn die Nachfrage nach elementaren Basisprodukten wird konstant bleiben bzw. zunehmen. Die Nachfrage nach „Spezialitäten“ und Luxus- und Nischenprodukten wird in der Summe abnehmen, jedoch als Nischenmarkt erhalten bleiben. Die Nachfrage nach Ratenkrediten wird rückläufig sein; die Ausfallraten bei privaten Haushalten werden steigen. Insgesamt sinken die Sparfähigkeit und damit auch die Investitionsneigung der privaten Haushalte.

Öffentliche Mittel

Die öffentlichen Mittel werden knapper, denn die Möglichkeiten für Steuererhöhungen sind eng begrenzt, will man die Wirtschaft nicht gänzlich abwürgen. Die öffentliche Hand wird allen Beteuerungen zum Trotz die Nachfrage deutlich herunterfahren. Das werden insbesondere kleinere Kultureinrichtungen und auch die Baubranche mittel- und langfristig spüren.

Welche Anforderungen müssen zukünftige Geschäftsmodelle erfüllen?

Geschäftsmodelle für die „Nach-Corona-Phase“ müssen die geänderten Rahmenbedingungen und neuen Marktspielregeln berücksichtigen. Manager dürfen beweisen, ob Sie auch unter den geänderten Rahmenbedingungen „ihr bisheriges“ Geschäftsmodell anpassen können oder besser neu aufsetzen. Die Grundausbildung zukünftiger Manager Generationen wird auf zwei Säulen basieren: betriebswirtschaftliches Verständnis sowie digitales Verständnis.

Wer ein zukünftiges Geschäftsmodell entwickeln möchte, bzw. wissen will ob sein Modell zukunftsfähig ist, sollte folgende Fragen berücksichtigen:

  • Zukunftstrends laufen für oder gegen das bisherige Geschäftsmodell?
  • Direkt systemrelevant / Indirekt systemrelevant?
  • Unverwechselbare Positionierung im relevanten Markt?
  • Nutzung der Wirkung der Digitalisierung?
  • Konsequente Nutzung der drei Digitalisierungsgrade?

Wer wird diese Anforderungen erfüllen? Auch da hilft eine alte Krisenweisheit: Diejenigen Unternehmen werden überleben, die konsequent und am schnellsten die Veränderungen umsetzen! Glauben Sie nicht?

Fragen Sie doch mal ehemalige Manager von Katalogversand-Händlern, Kaufhäusern, Reisebüros, Autohändler, Hoteliers…

Dr. Peter Lender

Dr. Peter Lender

Dr. Peter Lender ist Koautor des Beitrags. Er ist mit über 25 Jahren Erfahrung Experte für B2B-Vertrieb, Kundenservice und Umsetzung von Digitalisierungsstrategien.

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Dr. Markus Oliver Heidak
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Dr. Markus Oliver Heidak
Dr. Markus Oliver Heidak ist Senior Consultant bei der #FORTSCHRITT GmbH. Seine Hauptaufgaben sind: Markteintrittsstrategien (B2B), Marktanalyse, strategische B2C-Einzelhandelsentwicklung, agiles Projektmanagement, Kooperationspartnernetzwerk, Geschäftsmodelle, Produkt-QS, CRM, Expansion und Geschäftsentwicklung
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