Behörden müssen das Internet of Things in die Digitalstrategie einbinden

Behörden müssen das Internet of Things in die Digitalstrategie einbinden

 
18. März 2019

Das Internet of Things (IoT) gewinnt für Behörden als Anbieter und Anwender von Diensten an Bedeutung. Vor dem Einstieg stehen zwei Fragen im Fokus: Wie werden IoT-Dienste fester Bestandteil der digitalen Verwaltungsarbeit, und welche Mehrwerte lassen sich erzielen?

IoT-Einsatzszenarien bestehen im öffentlichen Sektor grundsätzlich immer dann, wenn Sensordaten –angebracht an physischen Objekten wie Brücken, Fahrzeugen oder Behältern – direkt oder indirekt in Arbeitsprozesse eingespeist werden. Behörden können mit den gewonnenen Informationen sowohl ihre strategische Planung verbessern als auch die operative Fall- und Sachbearbeitung.

Somit sind grundsätzlich alle Funktionsebenen der Verwaltung betroffen. Anwendungsfälle ergeben sich vor allem für die Behörden, die mit der Aufsicht, Wartung und logistischen Steuerung von physischen Entitäten befasst sind. Dazu zählen beispielsweise die Ressorts Umwelt, Verkehr, Bau und Verteidigung, aber auch die Gebiete Gesundheit, innere Sicherheit und Katastrophenschutz.

Mehrwerte ergeben sich beispielsweise durch die Implementierung von Predictive Analytics-Verfahren. Eine Software sagt auf der Grundlage von Sensordaten Störungen- und Wartungsbedarfe von Infrastruktureinheiten voraus, warnt vor drohenden Lastspitzen und weist auf Bestellbedarfe in Facility- und Lagerprozessen hin. Die Stadtwerke in Karlsruhe setzen zum Beispiel Füllstandssensoren ein und optimiert auf diese Weise die Routenplanung der Stadtreinigung. Ein anderes Beispiel sind Sensoren, die in den Straßenbeton eingelassen sind. Ihre Daten können in die Baustellenplanung einfließen oder – im Fall von Smart Streets – kleine Schäden sogar selbst ausbessern.

IoT in die Digital-Government-Strategie einbauen

Es ist davon auszugehen, dass sich die Konzeption datengetriebener Prozesse, im Gegensatz zu dokumentengetriebenen Prozesse, verstärkt. IoT-Strategien sollten damit Teil einer Gesamtdigitalstrategie sein. Aktuelle wissenschaftliche Arbeiten zeigen, dass die Hauptaufgabe nicht der Aufbau der Infrastruktur sein wird, sondern die Entwicklung von Aggregations-  und Daten-Managementansätzen.

Wichtig ist die Frage, welche Mittlersysteme benötigt werden, um IoT-Daten gleichwertig mit anderen Informationskanälen als Teil der im behördlichen Multikanalstrategie zu verbinden. In der Forschung findet sich hierfür der Ansatz sogenannter Service and Virtual Object Managment Systeme (SVOM). SVOM erstellen virtuelle Repräsentanzen physischer Objekte und inventarisieren sie. So entsteht eine Verknüpfung zwischen realer (Physical Objects Layer) und virtueller (Virtuell Objects Layer) Welt. Erhält ein SVOM aktuelle Sensordaten von physischen Objekten, ordnet es diese den entsprechenden virtuellen Zwillingen (Virtual Twins) zu. Die Informationen können damit digital in die Arbeitsprozesse einfließen. Über Programmierschnittstellen (API) gelangen die Daten an die IT-Fach- und Querschnittsverfahren in den Behörden, zum Beispiel ein Dokumentenmanagementsystem oder eine ERP-Software.

M2M-Architekturen lassen es dabei zu, dass die Digital Twins auch direkt nachfolgende Prozessschritte auslösen. Der Vorteil dieser automatisierten Verarbeitung von Sensordaten ist insbesondere eine Zeit- und Aufwandsersparnis.

IoT als Teil der behördlichen Daten- und Plattformstrategie

Hat eine Behörde eine passende Einbindung von IoT-Daten geschaffen, stellt sich die Frage nach der Analyse und Aufbereitung vor der Übergabe an die weiterverarbeitenden Systeme. Informationsgewinne erzielen Verwaltungen unter anderen durch die Verknüpfung und gemeinsamen Auswertung der Daten mit Informationen aus anderen Datenströmen sowie durch die Anreicherung der Daten mit vorhandenen Erkenntnissen aus anderen Informationsquellen.

Je aussagekräftiger die so verdichteten Informationen sind, desto mehr Gestaltungsmöglichkeiten ergeben sich für, Verfahren zu automatisieren. Stimmt die Informationsqualität, sind die Digital Twins physischer Objekte in die Lage, nicht nur einfache, vorkonfigurierte Prozessschritte ausführen, sondern auch Empfehlungen für Entscheidungen vorzuschlagen und in einem gewissen Rahmen sogar selbst Vorgänge auszulösen.

IoT ist somit ein wesentlicher Treiber für den Einsatz künstlicher Intelligenz im öffentlichen Sektor. Entsprechende Systeme für die Aggregation- und Analyse von IoT-Daten könnten dabei – sofern die rechtlichen Voraussetzungen bestehen – auch gemeinsam von Behörden im Sinne einer übergreifenden Public-IoT-Plattform für mehrere öffentliche Verwaltungen entwickelt und genutzt werden. Das würde auch die Bereitstellung von Daten als Grundlage für neue Informationsangebote und Mitnutzungsszenarien ermöglichen und die Vernetzung und das Wissensmanagement bei Bund, Ländern und Kommunen fördern.

Handlungsansätze für behördliche Digitalisierungsstrategien

Für Verwaltungen, die über IoT-Dienste verfügen, den Einsatz planen und diese Dienste in entsprechende Informationsarchitekturen einbinden wollen, bieten sich mehrere Ansatzpunkte. Ausgehend von den Aufgaben und Zielen einer Behörde gilt es zunächst, den anvisierten fachlichen Nutzen zu definieren und zu bewerten. Dabei hilft beispielsweise ein entsprechendes Anforderungsmanagement mit Nutzungsszenarien. Dabei lassen sich spezifische Strategiemodule oder Bausteine mit hoher IoT-Relevanz berücksichtigen, zum Beispiel die API-Strategie.

Sowohl für die Strategieentwicklung als auch für die weitere Konzeption der IT-Umsetzung können Behörden auf Referenzarchitekturen aus Industrie und Wissenschaft zurückgreifen. So sieht das von der EU-Kommission geförderte The IoT Architecture Reference Model (IoT ARM) beispielsweise ein fünfstufiges Vorgehen und ein Schichtenmodell vor:

  1. Im „Domain-Modell“ werden die grundsätzlichen Entitäten eines IoT-Service dokumentiert (z.B. physische Datenquellen, virtuelle Repräsentanzen, Beziehungen zwischen Entitäten).
  2. Im „Information-Modell“ werden die wesentlichen Merkmale der IoT-Daten festgehalten (z.B. Attribute, Informationsfluss).
  3. Im “Functional Model” wird die IoT-Architektur bestimmt (z.B. Komponenten, Funktionalität).
  4. Im “Communication Model” erfolgt die Dokumentation der Kommunikationsbeziehungen zwischen den Komponenten (z.B. Protokolle, Schnittstellen).
  5. Im „Trust, Security and Privay Model” werden die für den jeweiligen IoT-Dienst notwendigen Sicherheitsbedarfe und Risiken (z.B. Datenschutz, Systemabhängigkeiten, Umgang mit vertraulichen Informationen) ermittelt.

IoT ist ein relevanter Faktor für die digitale Verwaltung

Der Druck in der öffentlichen Verwaltung, Abläufe zu automatisieren und zu digitalisieren, steigt – weil Bürger und Unternehmen das so erwarten und weil Behörden ihre Aufgaben mit immer weniger Personal erfüllen müssen. Das Internet der Dinge und Smart City-Strategien sind zwei Faktoren, die dem öffentlichen Sektor helfen, diese Aufgaben zu meistern. Durch das Vernetzen und den Austausch von Daten kann zudem das Leben in den Städten sicherer, gesünder und energieeffizienter werden.

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Johannes Abel
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Johannes Abel
Johannes Abel ist Experte für Strategieentwicklung und E-Government bei Sopra Steria Consulting. Er leitet die Unit „Digital Strategy“ im Bereich Public Sector und kümmert sich um strategische Analysen, Konzepte und Programme für die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Darüber bloggt er auch auf Digitale Exzellenz.
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